Tagebuch von Rhys von Haldan

  • Ich hätte so gerne einen Freund. Viele sagen, ich hätte einen Bruder und damit einen Freund, doch das stimmt nicht. George ist nur mein Halbbruder. Seine Mutter ist gestorben, als er noch klein war, und dann hat Vater meine Mutter geheiratet. Und George ist nicht mein Freund. Er ist fast acht Jahre älter, und oft habe ich das Gefühl, dass ich ihm egal bin, aber er mag meine Mutter nicht. Früher hat er in mir einen Rivalen gesehen, aber mittlerweile weiß er, dass es nicht stimmt. Seitdem lässt er mich in Ruhe, aber freundschaftliche Gefühle hegt er für mich nicht.


    Ich bin gerne in der Bibliothek. Der Geruch der Bücher ist einfach herrlich. Wenn man eines aufschlägt, dann fühlt man den Geist des Schreibers. Unser früherer Hauslehrer, die Göttin stehe ihm bei, hat immer gesagt, dass in Büchern das Leben und das Wissen aller Generationen lebendig gehalten werden kann. Aber nur dann, wenn sie auch gelesen werden. Er hat Recht und ich stelle mir vor, dass die Menschen, die diese Bücher geschrieben haben, meine Freunde seien.

  • Vater ist enttäuscht von mir, das spüre ich genau. „Wir von Haldan“, sagt er immer, „sind die Männer der Schwertes und deswegen müssen wir so stark wie das Schwert sein“. Er selbst ist ein sehr guter Ritter. Keiner kann ihn im Turnier schlagen, obwohl er längst nicht mehr der Jüngste ist. Er ist muskulös und durchtrainiert, geschickt und schlagkräftig. George hat seine Fähigkeiten geerbt und kann mit allen Tricks kämpfen. Ich hingegen bin mit dem Schwert keine Koryphäe. Beim Langstreckenlauf kann ich einen der vordersten Plätze ergattern, denn ich bin sehr ausdauernd. Aber das zählt nicht, denn allein der Schwertkampf zählt und da werde ich regelmäßig geschlagen. Vater sagt, ich solle mir mehr Mühe geben, aber an meiner Willenskraft liegt es nicht.


    Immer, wenn ich traurig bin, laufe ich zum Schwert hinauf. Ich bin gerne da oben. Es ist gar nicht so weit entfernt von der Burg, aber es ist so steil, dass man sehr genau aufpassen muss, wo man seine Füße hinsetzt. Wenn man auf dem Bergrücken angekommen ist, kann man wieder sehr gut laufen, hat eine herrliche Aussicht und sieht unglaublich viel von Noröm. Dieser Blick setzt alle Probleme in eine Relation. Und vor sich hat man das Denkmal mit dem Schwert. Genauso, wie man von hier alles sieht, wird es von allen gesehen. Es ist die Hoffnung des Landes und das ist auch sein Name „Hoffnung“. Es wird nie allein gelassen, immer hält ein Ritter Wache und sie kennen mich inzwischen alle. Klar, sie sind keine Freunde, aber es gibt eine Verbundenheit. Unter dem Schwert, das geschmiedet wurde, um unser Volk zu retten, kann man sich nur verbunden fühlen. Es steht nun seit 500 Jahren und hat seitdem kein bisschen Rost angesetzt.

  • Heute war mein 16. Geburtstag und jetzt bin ich ein fortgeschrittener Knappe.
    Vater hat mir einen Siegelring geschenkt, auf dem unser Wappen zu sehen ist. Auf der Innenseite des Rings ist der Leitspruch der Familie eingraviert: „Der Hoffnung in Ewigkeit ergeben“. Es ist ein wirklich edles Stück Handwerkkunst.
    Ich war ergriffen. Obwohl ich nicht seinen Ansprüchen entspreche, hat er mir diesen Ring machen lassen.
    Er hat mir gesagt, dass ein Zauber darauf liegt, der Böses abwenden soll. Und auch wenn ich kein guter Schwertkämpfer bin, so bin ich trotzdem unserer Aufgabe, das Schwert zu bewahren, vollständig ergeben.

  • Heute war ein Hofturnier. Obwohl ich noch kein Ritter bin, haben alle von mir erwartet, dass ich mitkämpfe. Denn ich bin ja nicht irgendwer, sondern der Sohn des Fürsten von Haldan. In den beiden ersten Kämpfen habe ich mich auch ganz gut gegen zwei andere Knappen erwehrt. Ich war nicht wirklich überlegen, aber ich hatte Glück und konnte sie besiegen.
    Dann wendete sich das Blatt und ich wurde gegen George gelost. Und der hat mich öffentlich gedemütigt. Es war kein Kampf, sondern eher eine Demonstration seiner Überlegenheit. Er hat mir hart auf mein Bein geschlagen, bevor er mich entwaffnet hat. Er weiß, wie gerne ich laufe und hat das mit voller Absicht gemacht. Als ich am Boden lag, hat er lange die Spitze seines Schwertes gegen meine Kehle gehalten. Die Botschaft ist klar. Ich musste mich sehr zusammennehmen, dass mir vor Schmerz und Frust keine Tränen entweichen, aber ich habe es geschafft. Ich habe ihm die ganze Zeit in die Augen geschaut.
    Nein, er ist weder mein Bruder noch mein Freund.

  • Auf dem Turnier begegnete mir auch ein fremder Ritter. Hier herrscht generell reger Betrieb, denn viele Ritter möchten das Schwert mit eigenen Augen sehen. Alle kennen die Geschichte, wie König Isedor das Schwert schmieden ließ, um das Reich vor seinem Bruder Artemor zu retten, dessen Herz vom Bösen zerfressen worden war. Ohne dieses Schwert wären die Horden des Bösen in das Land eingefallen und deswegen ist es für alle im Reich so wichtig.


    Der Ritter, der diesmal gekommen ist, heißt Camulos. Er ist erst neunzehn und hat mich nach meiner Niederlage sehr freundlich angesprochen. Ich hätte ihm gerne den Weg zum Schwert gezeigt, aber mein Bein schmerzt noch so, dass ich nicht richtig laufen kann. Er hat mir aber gesagt, dass er einige Zeit in Haldan bleiben will, so dass wir uns sicher wieder sehen würden. Mal schauen…

  • Camulos ist wirklich nett. Er hat mir erklärt, was ich an meinem Kampfstil verbessern kann, um erfolgreicher zu sein. So gut, wie er es gemacht hat, hat es mir noch niemand erklärt. Normalerweise lebt er auf der Königsburg, aber das Leben dort hat ihn nicht arrogant werden lassen. Ich finde es toll, wie viel Zeit er sich für mich nimmt. Er ist eher ein nachdenklicher Mensch und redet erst, wenn er eine gute Antwort geben kann. Das gefällt mir.


    Camulos hat mir auch in der Bibliothek ein Buch gezeigt. Das ist auf Althaldanisch. Ich hatte nicht gedacht, dass diese Schrift noch von jemandem gelesen werden kann, aber Camulos hat mir erzählt, dass er in der Hauptstadt einen Lehrer gefunden hat, der sie noch beherrscht. Er nennt ihn immer nur den „Master“ und spricht voller Ehrfurcht vor ihm. Ihn selbst hätte Althaldanisch interessiert, weil auch Isedor diese Sprache gesprochen hätte.


    Wir haben etwas in dem Buch geblättert und sind auf eine alte Version unseres Familienwappens gestoßen. „An Trent as euwich ergueven“ stand darüber. Camulos sagt, „Trent“ ist das althaldanische Wort für Hoffnung und damit der ursprüngliche Name des Schwertes, aber kaum jemand wüsste das heute noch.

  • Es ist eine ganze Weile her, dass ich hier etwas geschrieben habe. Camulos ist das, was ich so lange gesucht habe: Ein echter Freund. Er hat mir in den letzten Wochen so viel beigebracht, sowohl an Kampftechnik als auch an anderen Dingen.


    Wir sitzen gerne oben am Schwert zusammen und reden. Er erzählt mir von der Hauptstadt und vom Master. Wir überblicken hier das ganze Land, aber ich bin in den letzten sechszehn Jahren nie aus Haldan herausgekommen. Was Camulos erzählt, ist eine so bunte Welt, dass ich Fernweh habe. Er zeigt mir bei gutem Wetter mit einem Fernrohr die verschiedenen Orte und erklärt mir, was es dort gibt und wer dort herrscht.


    Die Freundschaft zu Camulos ist so stark, dass mich auch das dumme Verhalten von George nicht mehr stört. Im Grunde zeigt er nur seine eigene Unfähigkeit, indem er mich ärgert.

  • Was für ein Tag! Heute kam ein Ritter mit einer Nachricht für Camulos. Er muss zurück in die Hauptstadt und wirkt sehr besorgt: Der König hätte ihn gerufen. Wenn er geht, bin ich hier wieder allein.


    Deshalb nahm ich all meinen Mut zusammen und bin zu Vater gegangen. Ich habe ihn gebeten, ob ich nicht als der Knappe von Camulos mit in die Hauptstadt gehen könnte, damit ich noch etwas anderes lernen könne. Eigentlich bin ich ja Vaters Knappe und es war auch nicht respektlos gemeint, aber es war eine einzigartige Chance, da Camulos noch keinen eigenen Knappen hat. Zum Glück war Vater nicht böse. Er meinte, er habe gesehen, dass Camulos einen guten Einfluss auf mich hat und dass ein Aufenthalt in der Hauptstadt mir tatsächlich einen „letzten Schliff“ geben könne (Vater liebt Schwertanalogien).


    Ich war überglücklich, dass er der Idee so problemlos zustimmte und deswegen etwas verdutzt, als Camulos weniger begeistert reagierte. „Es geht etwas um. Ich weiß nicht was, aber der Brief des Königs klang bedrohlich! Das ist keine Vergnügungsreise, es kann gefährlich werden, Rhys“ hat er gesagt. „Umso wichtiger ist es, dass ich mitkomme, dann kannst Du einen treuen Knappen umso mehr gebrauchen.“ Camulos nickte bedächtig. „Ja, das werde ich wohl. Ich danke Dir, Rhys. Aber du musst schnell packen.“


    Zwei Stunden später saßen wir auf gesattelten Pferden am Tor der Burg. Mutter weinte, Vater schaute stolz, George fast erleichtert ob meiner Abreise. Ich hatte nur das Nötigste mitgenommen, damit wir schnell reisen konnten.


    Es ist mittlerweile tief in der Nacht und ich hundemüde, aber trotzdem wollte ich dieses hier noch aufschreiben. Ich weiß, dass dieser Tag mein Leben verändern wird!

  • Nach fünf Tagen Gewaltritt sind wir abends in der Hauptstadt angekommen. Camulos ist dann sofort allein zum Master gegangen und hat sich die ganze Nacht mit ihm besprochen. Ich habe nicht erfahren, worum es genau ging.
    Seitdem trainieren wir unablässig für einen möglichen Kampf. So einen Drill habe ich in meinem Leben noch nicht erfahren. Wenn ich nicht die Angst in den Augen meines Freundes sehen würde, hätte ich schon längst nicht mehr mitgemacht. Aber ich weiß, es ist ernst. Er zeigt mir auch unritterliche Tricks, weil er meint, dass am Schluss nur zähle, dass wir siegen würden.

  • Ich weiß nicht, wie ich diese Worte zu Papier bringen soll.
    Ein Reiter kam in die Stadt. „Schließt das Tor“, rief er. Er war blutüberströmt. „Das Schwert ist weg, Dämonenreiter kommen“. Wir alle starrten ihn nur an. „Das kann nicht sein“ flüsterte ich, aber Camulos zog mich zu Stadttor, damit wir beim Schließen helfen konnten. Dann kletterten wir auf den höchsten Turm der Burg und tatsächlich konnten wir das Schwert nicht sehen. Alle haben sich gerüstet. Ich musste an meine Familie denken, aber ich kann mir das Unvorstellbare nicht vorstellen. Ich kann nur daran denken, dass ich versagt habe, dass ich nicht da war, als die Hoffnung fiel. Camulos sagt, ich soll mich zusammenreißen.
    Morgen werden wir die Burg verlassen und gegen was-auch-immer kämpfen, dass das Land bedroht.

  • Es war eine furchtbare Schlacht und wir haben sie verloren. Es waren grausame, unmenschliche Streiter, gegen wir kämpfen mussten. Ich habe heute unbeschreibliche Dinge gesehen. Und viel Blut, sehr viel Blut. Ich bin neben Camulos in die Schlacht geritten. Er hat wie ein Berserker gekämpft. Ich weiß nicht, wie viele er getötet hat, aber es waren nicht genug. Ich selbst habe eine deutlich weniger gute Figur gemacht. Einmal hat einer dieser Monster meine Deckung durchbrochen und hat dabei meinen Schutzring berührt. Das hat mir das Leben gerettet, denn es zuckte daraufhin zurück als hätte es sich verbrannt. Kurz darauf fiel der König und bei den Rittern brach Panik aus.


    Camulos hat unsere Gruppe zurück in die Stadt gebracht, aber auch da waren die Streiter des Bösen schon eingebrochen. Er kannte einen Geheimgang, der uns in das Haus des Meisters brachte. Es ist ein magisches Schutzhaus, sagt Camulos. Etwa 30 Menschen haben hier Schutz gefunden, fast alle sind irgendwie verwundet und alle erschöpft. Wir können hier etwas ausruhen, aber das ist nicht für länger eine sichere Bleibe. Die Ritter und der Master besprechen gerade, wie es weitergehen soll. Ich werde versuchen, etwas zu schlafen.

  • Unfassbare Dinge sind in den letzten Tagen passiert. Der Master ist ein herausragender Zauberer. Er hat ein temporäres Portal geöffnet, aber nicht zu einem anderen Ort auf Noröm, sondern zu einer anderen Welt.


    Camulos hat versucht, es mir zu erklären, aber wirklich verstanden habe ich es nicht. Jede Welt hat offenbar einen Zwilling, die in ihrer „Substanz“ identisch ist. Allerdings entwickeln sich diese Welten unabhängig voneinander, aber durch die Substanzgleichheit ist es möglich, Portale zwischen den Welten zu errichten. So sind wir auf der Parallelwelt gelandet.


    Uns sind noch keine Menschen hier begegnet und ich hoffe, es gibt hier keine neuen Probleme. Wir sind in einem dicht bewachsenen Wald gelandet, in dem ein hoher Wildbestand ist. Es gibt in der Nähe eine Quelle, so dass wir uns gut versorgen können, ohne groß durch die Gegend ziehen zu müssen. Wir haben uns Unterstände gebaut. Mittlerweile sind alle aus dem Haus des Meisters wieder zu Kräften gekommen, aber die Sorge ist bei allen groß, wie es auf Noröm läuft.


    Der Master will deshalb ein weiteres Portal öffnen, allerdings nicht hier, weil man sonst wieder in der Hauptstadt landen würde, was sicherlich nicht ratsam wäre. Es werden deswegen schwierige Berechnungen durchgeführt, um herauszufinden, wo man am besten hingeht. Klar ist, dass etwa die Hälfte hier zurückbleibt und die andere Hälfte sich am Spähtrupp nach Noröm beteiligt. Ich muss hierbleiben. Das gefällt mir nicht, aber Camulos ist hart geblieben, als ich versucht habe, ihn zu überreden.

  • Der Spähtrupp ist seit einigen Tagen abgereist. Ich versuche, mir die Zeit irgendwie zu vertreiben.


    Heute beispielsweise bin ich zusammen mit Isabell auf Kräutersuche gegangen. Isabell ist eine der wenigen Frauen unter den Flüchtlingen. Sie ist nicht viel älter als ich, aber kennt sich hervorragend mit Pflanzen aus. Sie sagt, die Pflanzen, die hier wachsen, sind denen auf Noröm sehr ähnlich.


    Aber das Warten macht mir zu schaffen. Eigentlich hätte die Gruppe heute wiederkommen wollen. Was ist, wenn sie alle schon tot sind? Dann sitzen wir hier fest, ohne eine Chance der Rückkehr.


    Wenn ich meinen Ring sehe, klagt er mich an. Er weiß genau, dass ich meine Pflicht verraten habe. Ich hätte in Haldan sein sollen, als das Schwert fiel und nicht auf der Suche nach Freiheit in der Hauptstadt. Ich bin nicht so eitel zu glauben, dass es einen Unterschied gemacht hätte, wo doch meine Kampfkunst so miserabel ist. Aber trotzdem habe ich geschworen, die Hoffnung zu beschützen und dabei kläglich versagt.


    Meine Gedanken drehen sich heute Nacht um die sichere Heimkehr des Spähtrupps und darum, ob ich mein Versagen wieder gut machen kann.

  • Der Spähtrupp ist endlich zurück, zwei Tage später als erwartet. Fünf derjenigen, die ursprünglich mitgegangen sind, sind nicht mehr zurückgekommen. Dafür sind etwa vierzig neue Flüchtlinge dabei, viele verletzt. Isabell hatte viel zu tun und ich bin ihr zu Hand gegangen. Manche haben Verstümmelungen, aber keiner ist lebensgefährlich verletzt.


    Einer der Neuen hat mir erzählt, dass die Besetzer nur diejenigen getötet haben, die Widerstand geleistet haben. Alle anderen haben sie eingeschüchtert. Einer Frau haben sie die Zunge rausgeschnitten, weil sie widersprochen hat. Sie kommen alle aus einem Dorf weiter im Süden des Landes und sie sind froh, dass der Spähtrupp in ihr Dorf gekommen ist. Doch die Reiter des Schreckens haben die Flucht bemerkt, es kam zu Kämpfen. Dabei sind viele gestorben, auch die fünf unserer Gruppe.


    Der Master hat danach eine Versammlung einberufen. Die Lage in Noröm ist kritischer als alle dachten. Wir werden kurzfristig nicht zurück können. Stattdessen soll hier eine Basis eingerichtet und ein dauerhaftes Portal nach Noröm aufgebaut werden, durch das wir dann agieren würden. Die Lage eines solchen Portals muss sorgfältig ausgewählt werden, damit es nicht von den Streitern des Bösen entdeckt werden kann. Außerdem braucht man deutlich mehr Material für ein dauerhaftes Portal.


    Das heißt, es wird Gruppen geben, die das Land erforschen, um einen geeigneten Ort für das Portal und einen Ort für das neue Lager zu finden.

  • Ich bin in einer Gruppe, die nach Osten ausgeschickt wurde. Camulos ist der Anführer. Wir sind sehr gut vorangekommen.


    Gestern sind wir jedoch an steilen Bergen angekommen, die das Vorankommen nach Osten unmöglich machen. Camulos hat sich entschieden, dass wir nach Norden gehen und schauen, ob es irgendwo eine Möglichkeit der Überquerung gibt. Das Wetter ist hier milder als im Wald.


    Dann erlebten wir vor einer Stunde eine vollkommene Überraschung: Der Pfad öffnete sich in ein wunderschönes Tal, welches von Gräsern überwachsen ist. Einer der Bauern aus der Gruppe hat gesagt, dass dieses Tal ideal für die Landwirtschaft ist. Morgen werden wir es in Ruhe erforschen.

  • Das ist ein wunderschönes Tal mit vielen unterschiedlichen Pflanzen, viele davon essbar. Nachdem wir es gründlich erforscht hatten, sagte Camulos, dass es sich gut für eine Besiedlung eignen würde. Ich teile seine Einschätzung.


    Auf dem Rückweg sind wir auf Einheimische getroffen. Die Besonderheit ist, dass ihre Haut vollständig blau ist. Sie waren sehr schüchtern, als sie uns gesehen haben. Nur einer war neugierig und ist zu uns gekommen. Leider können wir seine Sprache nicht verstehen. Camulos hat sich mit Händen und Füßen mit ihm unterhalten.


    Er ist mit uns mitgekommen und der Master hat ihm mit einem Zauber unsere Sprache gelehrt – oder es ist ein Zauber, dass wir ihn nun verstehen können – Er heißt Bluwertfortnelios, aber alle nennen ihn ein wenig scherzhaft nur „Blue“. Die Welt, auf der wir nun sind, nennt er „Simkea“. Das finde ich einen schönen Namen.


    Andere Erkundungsgruppen sind auch schon zurück. Es gibt wohl verschiedenste Orte, an denen man gut eine Siedlung bauen kann. Dies scheint eine sehr friedliche Welt zu sein, doch so schön sie auch ist, es ist nicht Noröm…

  • Die letzte Erkundungsgruppe ist heute eingetroffen. Sie sind weit im Südosten auf Erzvorkommen gestoßen. Das sind gute Neuigkeiten, denn damit können wir das Portal bauen. Am frühen Abend hat dann auch der Master bekannt gegeben, wo wir hinziehen werden. Das Tal, welches wir gefunden haben, ist ihm zu abgelegen.


    Stattdessen ziehen wir nach Süden. Dort soll es reiche Obstwiesen geben und auch ein fischreiches Meer ist nicht weit entfernt. Ich bin gespannt! Wir werden morgen das Lager abbrechen und losziehen. Blue wird uns auch begleiten. Das finde ich schön, denn ich würde ihn gerne etwas besser kennenlernen.

  • Wir sind auf dem Hügel eingetroffen, den alle für den idealen Punkt für die Siedlung halten. Und tatsächlich kann man hier gut die Umgebung überschauen: Im Norden liegen die Obstbäume, im Westen liegt das Meer, im Süden kann man einen türkisen See erkennen und weit im Osten sieht man mächtige Berge, die Blue „Adora“ nennt. Ich habe fast das Gefühl, dass das gleichzeitig auch eine Göttin ist.


    Morgen werden hier ein Teil der Leute anfangen, Hütten zu bauen. Eine zweite Gruppe geht in die Berge, um dort Erze abzubauen zu suchen. Der Master wird mit in die Berge gehen, denn er kennt Suchzauber, die die Sache beschleunigen sollen. In seiner Abwesenheit wird Camulos hier das Lager verwalten. Ich wusste nicht, dass er ein solch hohes Vertrauen genießt und bin stolz auf meinen Freund.

  • In den letzten Tagen haben wir rund um die Uhr gearbeitet: Bäume gefällt, Schilf geschnitten und Seile gedreht. Nun stehen mehrere Hütten, die uns Unterschlupf geben. Vorgestern Abend konnten wir deswegen endlich mal wieder gemütlich am Feuer sitzen. Isabell hat Saft gepresst und dazu gab es leckeren Rehbraten.


    Der Master ist am nächsten Morgen mit seiner Gruppe zurückgekommen und sie hatten vollen Erfolg. Der Master hat der Siedlung nun auch einen Namen gegeben: „Trent“. Er hat auch den Namen erklärt. „Die Hoffnung sei immer und überall das Wichtigste“, sagte er.


    Aber für mich war das wie ein Schlag in die Magengrube. Das erste „Trent“ war gefallen, die Hoffnung, die ich geschworen hatte, zu verteidigen. Für mich würde es keine neue Hoffnung geben. Ich war ein Verräter an meinem Volk. Ich konnte nicht bei den anderen bleiben, die dem Master zujubelten, sondern bin zum Strand gelaufen, um meine Schmach zu verstecken.

  • Der Master hat sich tagelang mit einigen seiner Leute beraten, wo der beste Platz auf Noröm für das Portal wäre. Gestern haben sie sich endlich entschieden und Camulos hat mir von dem Ergebnis erzählt.


    Im Grundelmeer südlich der Hauptstadt von Noröm gibt es viele kleine Inseln, die meisten davon felsig und unbewohnt. Sie sind nicht so weit von der Küste entfernt, dass man eine lange Seereise auf sich nehmen muss, um sie zu erreichen, sondern kommt auch mit einem kleinen unauffälligen Ruderboot dorthin. Das Grundelmeer ist zwar eher südlich gelegen, aber es gibt viele kleine Ortschaften entlang der Küste.


    Camulos hat mir gesagt, dass es jetzt noch die Aufgabe gibt, dass man die richtige Stelle hier auf Simkea finden muss, die einer dieser Inseln entspricht. Da muss man sehr genau sein, weil das Portal ja nicht im Wasser stehen sollte. Dafür werden jetzt Karten gezeichnet und auch Blue muss mithelfen, den richtigen Punkt zu finden. Ich habe aber keine Zweifel am Master, denn bisher hat er immer die richtigen Entscheidungen getroffen.