In meinem Tagebuchthread („Im Zwielicht“) habe ich einmal angedeutet, wie mein Char ein Goblinmädchen (die kleine "Krutz") bei sich aufnimmt, diesen Handlungsstrang aber nie zu Ende verfolgt. Nun, zwei Jahre später, habe ich Lust, diese Story zuende zu spinnen.
Was bisher geschehen ist:
Milizkorporal Isimud Urkhart aus Trent, Angehörige( r) einer hermaphroditen humanoiden Spezies, hat im Dämmerwald ein kleines Mädchen vor Goblins gerettet. Erst hinterher stellte sich heraus, dass es sich bei dem Opfer ebenfalls um einen Goblin handelte!
Und nun hat Isimud nicht nur dieses Kind am Hals, sondern muss sich auch noch mit dem himmlischen Erbe seiner Art herumschlagen: einem Paar machtvoller grauer Schwingen, die ihm während des Kampfes gewachsen sind, sich aber mittlerweile wieder unter die Haut zurückgezogen haben, als hätten sie nie existiert.
Trent. Zum Küchenmeister.
Die Wiese hinter Isimuds Hütte.
Nacheinander hängte Isimud sein Hemd, die zwei Stoffbahnen, die gestern noch sein Umhang gewesen waren, sowie die Socken, die sich seit Wochen im Wäschekorb herumgetrieben hatten, auf die Wäscheleine. Obwohl es stockfinster war, fanden die Hände des Anthronen mit traumwandlerischer Sicherheit Leine und Wäscheklammern. Denn viel mehr als in seiner Hütte, fühlte sich der Krieger im Garten dahinter zuhause. Hier kannte er jede Erdkrume.
Wie spät es sein mochte, wusste Isimud nicht. Die Dunkelheit war sein Verbündeter, in deren Schutz er die frisch von Blutflecken befreiten Kleidungsstücke zum Trocknen in den Wind hängen konnte. Die ganze Heimlichkeit war natürlich ausgemachte Unsinn, denn oft genug hatten die Nachbarn Isimud zerkratzt, mit zerbeulter Rüstung und in blutigen Gewändern durchs Stadttor wanken sehen. Wer sich als Monsterjäger betat, kam nun einmal nicht um einige Blessuren herum. Die Nachbarn hätten daher ganz selbstverständlich angenommen, dass das Blut auf Isimuds Kleidung – sowohl das eigene als auch das der Gegner – von einem Kampf stammte. Was ja auch zur Hälfte zutraf. Niemand wäre auch nur auf die Idee verfallen, den Krieger zu fragen, ob sein Umhang möglicherweise nur deswegen zerrissen war, weil sich heuer ein Paar Flügel aus seinem Rücken gebohrt hatte. Und überhaupt! An Flügeln war nichts Verwerfliches, immerhin war ein stattlicher Anteil Simkeaner von Natur aus damit ausgestattet! Wieso also stand Isimud hier und verhielt sich so heimlichtuerisch, als müsse er gerade seine erste Werwolftransformation vertuschen?!
Die Antwort lag in den Federn, die sich während des Kampfes aus dem Schwingenpaar gelöst hatten, und die nun in Isimuds Gürtel klemmten. Den grauen Federn. Noch nie zuvor hatte ein Anthron derartige Schwingen manifestiert! Anthronenflügel waren stets entweder schwarz oder weiß – wenn sie denn überhaupt zutage traten, denn in den meisten Angehörigen dieses Volkes war das Engelserbe tief verschüttet. Graue Flügel hätten Isimud unter den seinen zu einem Außenseiter gemacht, mehr noch als die schwarze Varietät, welche die dunkle Gesinnung ihres Trägers für alle sichtbar demonstrierte.
Ein letzter Seufzer, ein letzter Blick auf die im Nachtwind hin und her schlagenden Wäschstücke, dann schritt Isimud über die Wiese in Richtung seiner Hütte aus. Oder zu dem, was in deren Inneren noch heil sein mochte, denn die Götter hatten den Bewohner ja mit gleich zwei Flüchen bedacht: seinen aus der Art schlagenden Schwingen und dem kleinen Kind.