„Wo sind wir?“ Der kleine Purzeltroll kroch aus dem Loch und sah sich
erstaunt um. Eigentlich kannte er alle Wiesen, Bäche, Felder und
Wälder in der Nähe seines Häuschens, aber diese Wiese, mit den
unzähligen in allen Farben blühenden Blumen und dem Alles
überragenden Felsen auf der anderen Seite, war ihm fremd.
„Hier wohne ich“, erklärte Edwin und zeigte auf die Wiese. „Da hinten
auf dem Felsen haben wir gestern geprobt. Da hatte ich die Geige
noch.“
„Bestimmt ist sie nur ins hohe Gras gefallen. Wir schauen noch mal genau
nach.“, schlug der kleine Purzeltroll vor und purzelte zum Felsen.
Hinter jeden Grasbusch schauten sie, jedes Steinchen hoben sie hoch und
sahen darunter. Sogar in die Blüten der Blumen steckte Julin seine
Trollnase. Dabei drang Blütenstaub in seine Nase. Dort kribbelte
der Blütenstaub und letztendlich nieste der kleine Purzeltroll so
heftig, dass er auf seinen Trollpo plumpste. Ratlos stütze Julin
seinen Kopf in die Hände und dachte nach.
„Irgendwo muss die Geige doch sein. Edwin, überlege noch mal ganz genau, wo du
warst. Hast du sie jemanden gegeben?“ Jede Möglichkeit musste
bedacht werden.
„Nein, nein, dass habe ich nicht.“, erwiderte Edwin und hockte sich neben
Julin auf den Felsen. „Was mach ich bloß? Was mach ich bloß?“,
begann er wieder verzweifelt zu jammern.
Plötzlich wurde Julin von einem Marienkäfer, der um seine Trollnase schwirrt,
abgelenkt.
„Wer bist du? Dich hab ich hier noch nie gesehen?“, fragt der
Marienkäfer neugierig.
„Ich bin Julin, der kleine Purzeltroll und wir suchen die goldene Geige.
Kribbelkrabbelkäfer, hast du sie gesehen?“
„Eine goldene Geige? Nein, so etwas hab ich nicht gesehen“, erwiderte der
Marienkäfer, drehte noch eine Runde um Julins Nase, und flog dann
weiter.
Eine Raupe krabbelte an einer Blume hinauf. „Kleine Raupe, hast du die
goldene Geige gesehen?“ fragte Julin und erzählte der kleinen
Raupe, dass Edwin seine Geige verloren hat.
„So gerne würde ich euch helfen, doch leider habe ich keine goldene
Geige gesehen“, entgegnete die Raupe, hatte aber dann eine Idee:
„Frag doch die Hexe Ninigugu. Die kann euch vielleicht helfen die
Geige zu finden.“
„Die Hexe Ninigugu?“, fragte Julin und überlegte, ob er den Namen schon
einmal gehört hatte.
„Ja, sie weiß sehr, sehr viel und wohnt im Eulenhain.“, entgegnete die
Raupe und krabbelte einen Halm entlang. „Ich muss weiter, kleiner
Troll. Viel Glück“, verabschiedete sie sich und war bald schon
zwischen den vielen Grashalmen verschwunden.
„Ich hab auch noch nie von der Hexe gehört. Den Eulenhain aber kenne
ich.“ Edwin bezweifelte, dass die Hexe ihnen helfen konnte. Und wer
wusste schon, ob es sie wirklich gab? Doch keiner der Wiesenbewohner
schien die Geige gesehen zu haben und nichts wollte er unversucht
lassen. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen die Hexe
suchen.“
Ohne noch weiter Zeit zu verlieren, gingen sie zum Eulenhain. Auf ihren
Weg trafen sie viele Tiere, die sie freundlich nach der goldenen
Geige befragten. Aber egal, wer ihnen vor die Nase sprang, flog oder
krabbelte, weder die Amsel, das Mäuschen oder das Häschen, kein
Tier könnte ihnen helfen.
So vergingen die Stunden und die beiden waren schon sehr müde, als das
Gras sich lichtet. Anstatt von Blumen wuchsen nun dichte Büsche, die
wie ein Zaun den dahinterliegenden Wald umrahmten.
„Dort ist der Eulenhain“, erklärte Edwin und zeigte durch die Zweige
eines Haselnussstrauchs auf das Wäldchen.
Julin lugte durch die Zweige. „Oh schau, da scheint auch jemand zu
wohnen.“ Ganz versteckt zwischen zwei Bäumen stand eine
windschiefe Hütte. Die Hütte war so Efeubewachsen, dass Julin sie
übersehen hätte, wenn nicht aus dem Schornstein Rauch gestiegen
wäre. Unbewachsen war nur die Eingangstür und ein winziges Fenster
am Dachgiebel.
„Das ist das Hexenhaus! Komm Edwin.“ Geschwind krabbelte Julin durch den
Busch und purzelte zum Haus.
Zögernd folgte Edwin dem kleinen Purzeltroll und schaute neugierig über
Julins Schulter. Er war sehr froh, dass Julin als erster das
Hexenhaus betrat und er hinter ihm bleiben konnte.