Als dem ältesten von sechs Kindern - vier Jungen, zwei Mädchen - war es Zihaani nach alter Sitte erlaubt, den Schutz der Sippe zu verlassen und die Lequa'na anzutreten, die große Reise in die Fremde, um das Leben unter Unbekannten zu erfahren, ein Handwerk zu erlernen und - so es denn sein soll - einen Gefährten zu finden.
So begab es sich also, daß die Halbelfe am fünften Tag des neunten Mondes im Jahre 11 nach der großen Mondenwende die Stadt Trent erreichte.
Vom Vater, einem stattlichen Elben, wohl Ausdauer und Agilität mit in die Wiege gelegt bekommen, verfügte sie über ihrer Mutter, einem anmutigen Menschenweib, Fingerfertigkeit und den Hang zu feineren, weniger kräftezehrenden Tätigkeiten.
Vom Rathaus aus, wo sie sich im Bürgerverzeichnis eintragen ließ, begab sich Zihaani zum großen Marktplatz, um das hiesige Warenangebot in Augenschein nehmen zu können. Schließlich würde sie hier - wo sie eine Weile zu leben gedachte - ihr täglich Brot verdienen, einem Handwerk nachgehen müssen.
Die Töpferei hatte es ihr angetan, Lehm mit etwas Geschick und einem ordentlichen Maß an Wasser in ansprechende Formen zu bringen, Trinkgefäße und andere Behältnisse zu fertigen, derer es im täglichen Leben bedurfte. Wie es ihr schien, wurden auch hier in Trent noch Töpferwaren benötigt, so war die Profession schnell gewählt, die Zihaani zu Speis' und Trank und früher oder später vielleicht einem Dach über dem Kopf verhelfen sollte. Doch erst einmal hieß es, sich umzusehen, die Stadt und das Umland kennenzulernen und auch den einen oder anderen Kontakt zu den Trenter Bürgern zu knüpfen.
Trent ... ein belebtes Städtchen mit sehr herzlichen, freundlichen Einwohnern, die es Reisenden und Neubürgern leicht machten, sich schnell wohlzufühlen und einzuleben.
Ein der Halbelfe zunächst etwas Unbehagen einflößendes Wesen, eine sogenannte Knochenspielerin, entpuppte sich bald als äußerst hilfsbereit und ermöglichte Zihaani die ersten selbstverdienten Heller.
Selena bot ihr an, für den Bau ihres Hauses einige Arbeitsstunden abzuleisten und Lehm zu beschaffen ... was Zihaani gern annahm, würde sie den über kurz oder lang eh selbst benötigen.
Als sie sich an der ihr beschriebenen Baustelle einfand, um den Lehm abzuliefern und einige einfache Arbeiten zu verrichten, schaute sich die Halbelfe genauer um und sah viele schöne Häuser, angefangen von einfachen Holzbehausungen bis hin zu geradezu hochherrschaftlich ausgebauten Steinhäusern mit Gärten.
Und schon wurde ein Plan gefaßt: hier würde auch Zihaani sich ein Fleckchen Land aneignen, um ihr eigenes, kleines Heim zu erschaffen. Doch bis dahin würde sie noch viele Heller und Silberlinge verdienen müssen.
Engel, eine herzensgute und begnadete Köchin verhalf der Halbelfe, ihrem Ziel wieder näher zu kommen. Sie schlug ihr vor, im Umland Früchte zu sammeln, die für die Zubereitung von begehrten, schmackhaften und sättigenden Speisen benötigt wurden. Lediglich ein großer Weidenkorb, gutes Schuhwerk und ein gerüttelt Maß an Ausdauer sei vonnöten, erklärte Engel freundlich lächelnd.
Gab es eine bessere Möglichkeit, das Umland von Trent kennenzulernen?! So also verließ Zihaani die Sicherheit der befestigten Stadtmauern und erkundete die Landschaften außerhalb der Stadt, ihr Augenmerk fortwährend auf üppig bewachsene Blaubeersträucher und Apfelbäume gerichtet. Derart entspannt, geradezu mit Leichtigkeit ließen sich hier also Heller verdienen ... war das Leben nicht herrlich?! Schwester Mond schien ihr wahrlich gut gesonnen!