Fio´s Geschichte

  • Am Vorabend der Strandparty traf ich das Blümchen und den Drachen wieder am Lager. Neugierig erkundigte ich mich, was denn dort passieren würde. Lachend antworteten sie, ich solle mich überraschen lassen.


    Durch eine unbedachte Bewegung zerzausten die Blüten des Blümchens und der Drache bot sofort an, es wieder in Ordnung zu bringen. Ich staunte, wie sanft und fürsorglich er mit uns weiblichen Wesen umgeht. Was ich bisher über Drachen gelernt hatte, schien vollkommen verkehrt zu sein.


    So fragte ich zaghaft, ob ich denn einmal seine Drachenhaut berühren dürfe. Und ich durfte. Wie trocken, warm und rau sie sich anfühlte. So garnicht kalt und glitschig, wie ich vorher dachte.
    Fast hätte ich seine Haut gestreichelt, so gut fühlte es sich an. Verlegen zog ich schnell meine Hand wieder zurück.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Als einige Zeit vergangen war, trafen das Blümchen und ich uns am Lager wieder, um die Dinge für den nächsten Abend - an dem die Standparty stattfinden sollte- schon mal vorzubereiten. Mitten in den Vorbereitungen, die wir eigentlich versteckt vor Fio und dem blauen Ritter machen wollten, kam Fio die Gasse entlang geschlendert. Selbstverständlich fragte sie uns sofort, was am nächsten Abend denn passieren würde. Lachend teilten wir ihr mit, dass sie sich doch überraschen lassen solle! Schnell hatten wir die Sachen für den nächsten Abend versteckt, als wir den roten Wirbelwind näherkommen sahen, sodass sie nicht sehen konnte, was wir alles für die beiden als Überraschungen geplant hatten. Auf ihre Frage, was denn für den nächsten Abend geplant sei, antworteten wir lachend, dass sie sich doch überraschen lassen solle.


    Mitten in der Unterhaltung fiel mir auf, dass das Blümchen ziemlich zerzauste Blüten hatte, und so richtete ich ihr vorsichtig ihre Blüten. Fio (so durfte ich sie inzwischen nennen) stand erstaunt daneben und drehte verlegen an ihren langen roten Haarspitzen. Lachend fragte ich sie, ob ich sie frisieren solle, und holte schnell meine Bürste aus dem Lager. So versuchte ich ihre wilde Mähne ein wenig in geordnete Bahnen zu lenken, was doch eine Weile dauerte, mir aber viel Spaß gemacht hat.


    Neugierig, wie der kleine Rotschopf mal ist, fragte sie mich, nach dem Kämmen, mit roten Wangen, ob sie meine Haut mal berühren dürfe, was ich ihr gerne erlaubte, haben doch viele Angst, mich anzufassen. Es fühlte sich schön an, wie sie mich so zaghaft berührte, so leicht, wie wenn ein Schmetterling auf mir landet. Beinahe sehnte ich mich danach, dass sie mich einfach weiterstreichelt, wusste allerdings nicht, wie sie auf so eine Bitte reagieren würde, und so hielt ich meinen Mund.


    Am nächsten Abend fand dann auch die versprochene Party am Strand statt, und wir hatten alle vier gute Laune und Spaß an den Spielen und dem Wasser und allem. Es kamen dann sogar noch ein Paar nette Wesen hinzu und machten mit, wodurch es noch lustiger wurde.


    Gegen Ende des Abends, es war schon sehr spät, fiel der Blaue Ritter plötzlich vor Fio auf die Knie und zog eine Rose aus seiner Tasche. Verwundert schauten das Blümchen, die anderen Gäste und ich, was denn nun passieren würde. Wird er ihr jetzt einen Antrag machen? Es sah ganz danach aus. Er schenkte ihr auch noch einen Ring, mit der Bitte ihn zum Zeichen ihrer Verbundenheit zu tragen! Welch eine freudige Überraschung für alle! Laut jubelten wir den beiden zu und beglückwünschten sie, und stiessen mit Champus und Rotwein auf das - so wie wir es verstanden- frische Brautpaar an.


    Als sich die Stimmung ein wenig beruhigt hatte, klärten uns die beiden allerdings auf, dass es sich “bloß” um Freundschaftsringe handelt, was wir irgendwie schade fanden. Wir freuten uns aber trotzdem für die beiden, dass sie auf diese Weise allen Simkeanern zeigen wollten, daß der andere für sie wichtig ist und eine besondere Freundschaft füreinander empfinden. So trennten wir uns trotzdem glücklich und gut gelaunt an diesem wunderschönen Abend voneinander.

    Humor ist eines der besten Kleidungsstuecke, die man in Gesellschaft tragen kann. (William Shakespeare)

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  • Strandparty - wie sehr hatte ich mich darauf gefreut und ich sollte nicht enttäuscht werden.
    Von Anfang an herrschte eine super Stimmung zwischen uns vieren - das Blümchen, der Drache, der blaue Ritter und ich. Vergnügt tobten wir über den Strand und im Wasser. Viele neue wunderbare Spiele lernte ich dort kennen. Die Zeit verging wie im Fluge.


    Und dann kam es zu jener Szene, die so viele fälschlicherweise als Verlobung deuteten :


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    Am Ende des Abends sinkt Trigan vor allen anderen plötzlich vor Fiona auf die Knie und ergreift ihre Hand. Er schenkt ihr zuerst ein liebevolles Lächeln und ihre Lieblingsblume - eine rote Rose. Vor Überraschung kann Fiona kaum sprechen und haucht nur leise: “Oh, ich danke dir :)”


    Doch das war noch nicht alles.
    Mit ängstlich fragendem Blick sagt Trigan : “Liebste Fio, möchtest du diesen Ring als Zeichen unserer Verbundenheit tragen?” Fiona stockt der Atem und sie kann erstmal gar nichts sagen.


    Dann jedoch flüstert sie: “Oh ja, mein Liebster, das will ich gern.” und gibt ihm einen Kuss. Stürmisch wird dieser von Trigan erwidert und er steckt ihr liebevoll und zärtlich den Ring an die Hand.
    Von allen Seiten ertönen auf einmal die herzlichsten Glückwünsche und Applaus ...


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    Es war kein Verlobungsring sondern ein Freundschaftsring, den der blaue Ritter mir dort antrug. Von einer möglichen Hochzeit sprachen wir nie.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Nur wenige Tage nach der Strandparty kam der große, grüne Drache tieftraurig zu mir. Er erzählte mir mit Tränen in den Augen, dass die Dame, in die er sich verliebt hatte, fest gebunden ist und somit für ihn unerreichbar. Ich hörte ihm zu, bot ihm meine Schulter zum Trost und er erzählte und erzählte, redete sich den ganzen Kummer von der Seele.


    Ein wenig überraschte mich diese Information, dachte ich doch bis dahin, der grüne Drache habe eine feste Partnerin. Auch über den Verlust einer früheren Liebe sprach er.
    Es berührte mich tief, was doch für ein weiches verletzliches Herz in solch einem großen starken Wesen steckt.


    Und von diesem Tag an wurden wir enge Freunde, die sich gegenseitig halfen, wenn Trost oder anderes nötig war.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Einige Tage nach der Party am Strand, fasste ich mir ein Herz, um mal mit jemandem über etwas zu reden, was mich schon lange bedrückte. Ich fand Fio in der Weberei und fragte sie um Rat, was ich tun könne. Es gab ein weibliches Wesen, in das ich mich verliebt hatte, welches allerdings in festen Händen, und somit tabu für mich, war.


    Traurig erzählte ich Fio von meinem Problem, sogar ein paar Tränen kullerten mir über meine Wangen. Geduldig, hörte sich die sonst so quirlige Fiona meine Sorgen an, tröstete mich, und bot mir ihre zierliche und doch so überraschend, starke Schulter zum Ausweinen an, was ich an diesem Abend auch mal bitter nötig hatte. Ich sage absichtlich “überraschend” da ich nicht damit gerechnet hatte, dass sie dermassen geduldig und verständnisvoll zuhören kann.


    Dieser Abend war eine riesige Erleichterung für mich, hatte ich doch nun erkannt, dass meine Hilfe nicht einseitig ist, und auch Fio für mich da ist, wenn ich sie mal brauche. So wurde die Freundschaft zwischen Fio und mir noch mehr vertieft und von großem Vertrauen zueinander geprägt.


    Oft ist das ja leider auch nicht der Fall, Rat und Hilfe werden meist nur in eine Richtung gegeben, aber jeder kann von jedem lernen, finde ich.

    Humor ist eines der besten Kleidungsstuecke, die man in Gesellschaft tragen kann. (William Shakespeare)

  • Der Traum vom eigenen Haus ließ den blauen Ritter nicht mehr los. Emsig sparte er und erkundigte sich überall, was denn dafür nötig sei. Oft war er nun im Umland unterwegs, um Holz zu schlagen oder drehte fleissig den Mühlstein für Mehl. Ganz weiss und verstaubt wurde mein Kleidung, wenn wir uns in der Mühle trafen.
    Doch vor lauter arbeiten, kam er nicht dazu, Bob zu suchen. So bekam ich den Auftrag, eine Baugenehmigung zu kaufen. Und prompt lief mir Bob am nächsten Tag über den Weg.


    Nun begann die Suche nach einem geeigneten Grundstück. Ich muss heute noch schmunzeln, wie wählerisch wir anfangs waren. Die Wege sollten kurz sein, damit wir am Ende des Tages den Weg nach Hause noch schafften. Eine schöne Gegend sollte es natürlich auch sein und die Nachbarn nett. Auch ein schöner Straßenname war Bedingung.


    Die kurzen Wege, das war nicht erfüllbar. Diesen Wunsch hatten vor uns wohl schon viele. Eng bebaut sind die vordersten Grundstücke. Aber letzten Endes fanden wir doch ein hübsches Eckchen, das uns zusagte und der Hausbau begann.


    So manche Nacht schliefen wir auf der Baustelle und ich war glücklich über sein Talent einen kleinen provisorischen Unterstand schnell zu bauen. Für mehr hätte unsere Kraft am Ende dieser Tage nicht gereicht.


    Fast jeden Morgen fand ich nun ein kleines Frühstück an meinem Schlafplatz vor, oft geschmückt mit einer Rose. Gut gelaunt konnte ich so in den Tag starten und strahlte diese gute Laune wohl auch aus. Denn meine Kundenliste wuchs stetig und manch einen Kunden musste ich auf die Warteliste setzen.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Mit der Zeit zeigte mir der blaue Ritter immer mehr von seiner Gedankenwelt und so kamen wir auch auf den Tag am Strand zu sprechen.


    Er erzählte mir, dass er sich da erstmals getraut hatte, mich bei unseren Tobereien in den Arm zu nehmen und das wunderschön fand. Als ich dann den Fisch warf, dachte er, das wäre meine Antwort auf diese Annäherung gewesen und hat sich für ihn wie eine Ohrfeige angefühlt.
    Seitdem habe er immer Angst gehabt, sich wieder eine Schelle von mir einzufangen.


    Überrascht, erstaunt, verwundert hörte ich ihm zu. Kannte er mich wirklich so wenig? Noch nie hatte ich auf irgendetwas von ihm mit Gewalt reagiert. Darüber kann man doch reden! Hätte ich das als unerwünschte Annäherung empfunden, hätte doch ein sanftes Wegschieben gereicht!
    Ich hatte diese Umarmung doch sogar als Teil des gemeinsamen Tobens empfunden und mir gar nichts dazu gedacht, ja kann mich nicht einmal daran erinnern.


    Oh wie schnell können doch Missverständnisse entstehen!

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Die Anderswelt verschluckte mich für ein paar Tage und ich musste wieder an die Forderung der Stimme zu Beginn meiner Zeit in Simkea denken. Hatte überraschenderweise nach so vielen Jahrhunderten nun doch ein Mann mein Herz erobert. Was würde in der Zukunft passieren? Was meinte die Stimme genau? Immer unsicherer wurde ich, ob ich das Richtige getan hatte.


    Zaghaft suchte ich nach meiner Rückkehr das Gespräch mit dem blauen Ritter. Und es lief voll gegen den Baum. Trost und Verständnis suchend, fand ich nur Wut. Ob ich ihn verlassen wolle, fragte er mich aufgebracht. Dann solle ich das doch, bitte sehr, sagen!


    Schockiert reagierte ich im ersten Moment falsch und wir trennten uns im Streit. Sobald ich wieder ruhiger war, schickte ich ihm eine Taube, versuchte zu erklären und bat um ein weiteres Gespräch. Er stimmte zu.


    So wartete ich den nächsten Tag auf ihn voller Bangen, doch er erwachte nicht zur üblichen Zeit. Und dann schlug die Anderswelt zu und verschluckte mich erneut für einige Tage.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Voller Hoffnung auf Klärung und Versöhnung kehrte ich zurück. Doch der blaue Ritter war nicht da. Stundenlang wartete ich auf ihn, ja sogar die ganze Nacht, war er doch ein Nachtmensch und wanderte oft nachts durch Simkea.
    Verzweifelt lief ich in dieser Nacht durch Trent, fand keine Ruhe. Mein Herz muss wohl gespürt haben, dass etwas nicht stimmte. Hatte er doch meine Unsicherheit verstanden und sich an sein Versprechen erinnert, dass er eher Simkea verlassen wolle, als dass mir etwas passiert?


    Mitten in der Nacht traf ich auf den großen grünen Drachen und er bemerkte sofort meine Unruhe. Diesmal war ich es, die eine Schulter zum Ausweinen brauchte und auch bekam. Trostspendend sprach er mir Mut zu und machte mir Hoffnung, dass alles sich bestimmt aufklären würde.


    Immer wieder versuchte er mich aufzuheitern, indem er mich auf andere Gedanken zu bringen versuchte. Und so überstand ich diese Nacht der Verzweiflung, fiel am nächsten Morgen erschöpft auf mein Lager und hatte wieder ein wenig Hoffnung.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Einige Wochen später, ich lief gerade von der Töpferei zum Lager, lief mir Fio wieder über den Weg. Aber wo war ihre Fröhlichkeit? Ihre Augen leuchteten nicht, ihr Mund war nicht zu dem, für mich, üblichen Lächeln nach oben geschwungen. Stattdessen lief sie traurig durch die Stadt.


    Ich rief sie an, was denn los sei mit ihr, und traurig erzählte sie, daß sie ihren blauen Ritter seit einigen Tagen nicht mehr gesehen hat, und nun befürchtete, daß er Simkea verlassen haben könnte. Hoffnungsvoll bestürmte sie mich, ob ich ihn denn nicht gesehen hätte. Leider musste ich diese Frage verneinen, und versuchte sie zu trösten, dass manchmal auch andere Dinge ein Wesen Simkeas in der Anderwelt festhalten können, und dass er sicher wiederkommen würde.


    Ihre Trauer konnte ich aber nicht mit ansehen, und so verfiel ich darauf, ihr ein paar Anekdoten aus meinem doch schon langen Simkealeben zu erzählen, um sie aufzuheitern. Lange nach Sonnenaufgang trennten wir uns. Sie war wieder ein wenig fröhlicher, und ich ein wenig besorgt, was denn nun wirklich mit dem blauen Ritter los sei.


    Humor ist eines der besten Kleidungsstuecke, die man in Gesellschaft tragen kann. (William Shakespeare)

  • Doch diese Hoffnung zerschlug in den nächsten Tagen, als mehrere Kunden des blauen Ritters mich ansprachen, was denn mit ihm sei. Sie würden auf Lieferungen oder Aufkauf ihrer Waren für ihn warten, erzählten sie mir. Erschrocken hörte ich ihnen zu. Pünktliche Erfüllung von Aufträgen war doch einer der Grundsätze des blauen Ritters. Da wurde es für mich zur Gewissheit, er hatte mich und Simkea verlassen. Seine Liebe und Fürsorge für mich hatten ihn zu diesem Schritt bewogen. Anders konnte und kann ich es mir nicht erklären. Jedoch eine klitzekleine Hoffnung blieb.


    Voller Trauer suchte ich wieder Trost beim großen Drachen und er schlug mir eine Reise in den Dämmerwald vor, damit ich Abstand gewinnen könne. Auch müsse er dringend Grünkraut finden, da er mir sonst keine grüne Farbe mehr liefern könne. So stimmte ich zu und machte mich fertig für meine erste Reise in Simkea. Ja, er hatte Recht, im Dämmerwald waren der Ritter und ich nie gewesen. In Trent und Umgebung erinnerte mich jeder Stein und Baum an ihn.

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  • Ein paar Tage später lief mir die kleine Fio wieder über den Weg, und ich konnte sofort erkennen, daß ihr Kummer nicht geringer geworden ist. Also frug ich sie, um sie abzulenken, ob sie denn schon den Dämmerwald kennen würde, oder ob ich ihn ihr zeigen dürfe, da ich sowieso wieder Grünkraut sammeln müsse.


    Erfreut stimmte sie zu, doch erst hatte ich noch eine Überraschung für sie. Ich lud sie ein, mein Haus zu besichtigen und auch gleich den Zuber zu benutzen, damit sie sich mal ein wenig die Sorgen runterspülen könne. Nach einigem Überlegen stimmte sie zu, mit der Bitte, dass doch das Blümchen mitkommen dürfe, da sie sich, alleine mit mir in meinem Haus, nicht so wohl fühlen würde. Das war für mich kein Problem, und so frug sie das Blümchen, ob es denn als “Anstandsdame” mitkommen würde.


    Etwas zögerlich stimmte dieses zu und so liefen wir in mein Haus im Wohnviertel, und -ein wenig verlegen- zeigte ich ihnen meine kleine Hütte, welche nur aus dem Flur und dem Keller bestand, der Zuber stand im Flur, in der Nähe meines Gästebettes, und mein Bett stand im Keller, da ich mich in Höhlen immer noch am wohlsten fühle, wenn ich schlafe. Doch hatte ich die letzten Wochen und Monate lieber auf dem Markt oder in der Töpferei geschlafen, weil es für mich einfacher war.


    So zeigte ich den Beiden, meine, bisher schmucklose, Unterkunft, und auch, wo sie die Sachen fürs Baden finden könnten, und drehte mich um, damit sie ungestört baden konnten. Geduldig wartete ich, dass sie mir Bescheid gaben, bevor ich mich wieder umdrehte. Beide fühlten sich sichtlich wohl, und so konnten wir uns aufmachen, um am Lager die Vorbereitungen für den Ausflug in den Dämmerwald zu treffen. Fio und ich packten uns alles, was für so einen Ausflug so notwendig ist, ein, bevor wir uns in unsere Nachtunterkünfte begaben.

    Humor ist eines der besten Kleidungsstuecke, die man in Gesellschaft tragen kann. (William Shakespeare)

  • Aber zuerst sollte ich erstmal Baden, schlug der Drache mir vor. Den Körper ein wenig verwöhnen, damit ich mich wohler fühle. Er bot mir den Zuber in seinem Haus an. Neugierig war ich schon, wie mag ein Drachenheim wohl aussehen? Doch allein mit ihm im Haus und dann Baden. Nein, das war zu gewagt.


    Verlegen bat ich das Blümchen um Begleitung. Es hatte Zeit und wollte sich auch etwas frisch machen. So begaben wir uns zu dritt zu seinem Haus. Neugierig traten das Blümchen und ich ein und durften uns sogar alle Räume anschauen. Ein wenig musste ich innerlich schmunzeln. Es war eine typische Junggesellenbude, karg und zweckmässig eingerichtet, alles auf das Notwendigste beschränkt.


    Der Drache drehte sich höflich zur Wand und überließ uns den Bottich. Ohja, es fühlte sich gut an, den Schmutz der letzten Tage vom Körper zu spülen.Und in Gegenwart dieser beiden lieben Wesen fühlte ich mich immer wohler. Wäre da nicht dieser große Schmerz gewesen, hätte ich dieses Bad geniessen können.


    Am nächsten Tag starteten der grosse grüne Drache und ich unseren Ausflug in den Dämmerwald. Neugierig schaute ich mir alles an und lauschte den Erklärungen des Drachens. So manches Gewächs fand ich auch zu den Schlafenszeiten meines Begleiters.


    Ein wenig fand ich Ablenkung von meinem Schmerz. Doch immer wieder kehrte er mit voller Wucht zurück und ich war froh eine starke Schulter zum Trost und Halt finden an meiner Seite zu haben. Ohne den grünen Drachen hätte ich wohl zu diesem Zeitpunkt Simkea verlassen. Erschien mir doch alles so sinnlos und die Einsamkeit drohte mich wieder zu überrollen. Sehnsüchtig dachte ich so manches mal an die ruhige Zeit in meiner Rose zurück.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Als ich wieder einmal Trübsal blasend da saß, fragte der Drache plötzlich, ob ich denn nicht einmal fliegen wolle. Überrascht schaute ich ihn an, diesen Wunsch hatte ich doch schon seit langem. Endlich wieder den Wind in meinen Haaren spüren, den Rausch der Geschwindigkeit fühlen … erfreut sagte ich ja.


    Ganz Gentleman legte er, selbst liegend, eine Schwinge als Rampe zu Boden. Doch in meiner Ungeduld kletterte ich flink über sein Vorderbein nach oben, wie ich es von Elefanten kannte. Schnell hatte ich eine bequeme Sitzposition in seinem Nacken gefunden. Alles fühlte sich überraschend vertraut an.


    Am Anfang flog der grosse grüne Drache ruhig und ich genoss den weiten Blick übers Land. Doch als er merkte, dass ich sicher und fest saß, begann er wild am Himmel zu toben. Steile Tiefflüge, Loopings und Pirouetten flog er mit mir. Da jauchzte ich nur noch und schrie meine Lust am Fliegen in den Wind. Alles andere war weit weit hinter mir. Ich lebte ganz den Moment und konnte endlich mal wieder herzhaft lachen. Wie berauscht war ich, als wir landeten.


    Dankbar umarmte ich den Drachen und fand mich überraschenderweise in den Armen des Drachenmenschen wieder. Etwas verlegen trat ich einen Schritt zurück und die Wirklichkeit holte mich ein. Traurig musste ich wieder an den Ritter denken. Der Drache merkte sofort den Stimmungsumschwung und nahm mich wieder einmal tröstend in den Arm.


    Doch aus der tröstenden Umarmung wurde der erste Kuss. Es fühlte sich an, als hätte ich endlich meine 2.Hälfte gefunden. Konnte das wirklich sein? Mein Herz schrie ja und vergaß alles andere um sich rum. Nur mein Kopf, wenn er denn mal zu Worte kam, erhob Einspruch - es ist doch viel zu früh! du kennst ihn doch kaum!

    Und so warf ich alle Bedenken über Bord und ließ es sogar zu, dass er mir seinen Hausschlüssel gab. Noch nie hatte ein männliches Wesen so schnell mein volles Vertrauen gewonnen.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Als wir eines Abends plaudernd im Wald saßen, sah ich plötzlich, bei einem Seitenblick, dass Fio sehr traurig war und frug sie, ob sie nicht vielleicht einmal auf einem Drachen durch die Luft reiten wolle. Und tatsächlich sie wollte! Also legte ich mich auf meinen Bauch und breitete ihr eine Schwinge zum aufsteigen aus. Sie jedoch sprang über mein Vorderbein geschwind auf meinen Rücken und setzte sich ohne Umstände auf meine Schultern, kurz vor meinem Flügelansatz. Behutsam hob ich ab und flog vorsichtig und ruhig über die Baumwipfel des Dämmerwaldes.


    Doch wurde mir das bald langweilig und so schlug ich Fio vor, doch mal ein wenig Spaß in die Sache zu bringen. Erfreut stimmte sie zu. So schlug ich ein paar mal mit meinen Schwingen, um uns höher in die Luft zu heben. Sobald ich eine gute Höhe erreicht hatte, legte ich meine Schwingen an und ließ mich kopfüber dem Wald entgegen fallen, um mich kurz über den Bäumen abzufangen und wieder hoch aufzusteigen. Behutsam legte sie sich auf meinen Rücken und umschlang meinen Hals mit ihren Armen. Es war herrlich, noch nie hat sich jemand so schnell sicher und geborgen auf meinem Rücken gefühlt und so konnte ich schließlich sogar einen Looping mit ihr auf meinem Rücken fliegen. Zu meiner Überraschung jauchzte sie laut und und jubelte! So tollten wir einige Stunden durch die Luft und landeten am Ende sicher auf einer kleinen Lichtung.


    Als wir gelandet waren, nahm ich meine menschliche Gestalt an, doch Fio flog mir schon dankbar in die Arme, erst war ich verblüfft, hatte sie mich doch bisher noch nie als Menschen gesehen. Sachte drückte ich sie an mich, doch sie erschrak, über das unerwartete Gefühl, sich in menschlichen Armen wiederzufinden, und trat schnell ein paar Schritte zurück. Ihr Gesicht, eben noch glücklich und fröhlich, wurde ernst und traurig, mir zerriss es schier das Herz bei diesem Stimmungsumschwung und wollte sie einfach nur mehr trösten, und nahm sie in die Arme.


    Was dann kam, überraschte mich umso mehr, denn plötzlich fand ich mich in einem wundervollen, tiefen Kuss mit ihr versunken. Unsere Herzen schlugen im selben Rhythmus. Konnte es denn wirklich sein? Aber das darf doch nicht sein! Der blaue Ritter konnte jeden Moment wiederkommen! Wenn er das erführe! Ich fühlte mich wie ein Verräter, aber auf der anderen Seite liebte ich sie doch, wie mir dieser wundervolle Kuss und meine Reaktionen darauf gezeigt hatten. Was sollte ich also tun? Ich war mir nicht sicher. Verlegen setzte ich mich auf den moosigen Boden und versteckte meinen Kopf eine Weile in meinem Rucksack, als würde ich etwas suchen und schließlich fand ich auch tatsächlich etwas! Den Reserveschlüssel für mein Haus, den wollte ich ihr sowieso geben, damit sie jederzeit baden könne, auch wenn ich nicht zuhause bin. So gab ich ihr den Schlüssel, und erklärte ihr auch, dass sie jederzeit in mein Haus darf, um zu baden oder auch zu schlafen. Wozu habe ich schließlich ein Gästebett?

    Humor ist eines der besten Kleidungsstuecke, die man in Gesellschaft tragen kann. (William Shakespeare)

  • Aber trotzdem schmerzte mein Herz noch immer bei dem Gedanken an den blauen Ritter. Es war ein Wechselbad der Gefühle. Tiefster Schmerz und neues unglaubliches Glück.
    Auf meine Stimmungsschwankungen reagierte der Drache mit Geduld und Sanftmut. Jederzeit konnte ich mich in seine tröstenden Arme werfen. Und so fand ich überraschend schnell mein Lachen wieder, überwand den gröbsten Schmerz und konnte innerlich Abschied nehmen von dem stolzen blauen Ritter.


    >>Leb wohl, blauer Ritter. Wo auch immer der Wind dich hintreiben mag, meine guten Wünsche begleiten dich … <<


    Die restlichen Tage unseres Ausfluges in den Dämmerwald verflogen viel zu schnell und doch kam es mir so vor, als würden wir uns schon ewig kennen. Erschrocken bemerkten wir, dass erst wenige Tage nach dem Weggang vom blauen Ritter vergangen waren und noch immer die entfernte Möglichkeit seiner Rückkehr bestand. Wir beschlossen, uns eine Weile zu trennen, Gedanken und Gefühle zu sortieren und ein wenig zu warten.


    (Auch heute noch zieht eine leise Wehmut durch mein Herz, wenn ich an den blauen Ritter denke. Der Mensch dahinter war für meine Puppenspielerin ein wunderbarer Freund. Sie vermisst ihn sehr.)

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  • Die Szene des folgenden Abschieds beschrieb ich schon einmal in einem Brief und finde auch jetzt keine besseren Worte dafür :


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    Brief von Fio an Lou


    Nun hat Fio ihm gar keinen Gutenachtkuss geben können, so schnell ist er eingeschlafen. Sie kniet sich neben ihn und betrachtet etwas traurig sein Gesicht. Sanft streicht sie eine Haarsträhne aus seinem Gesicht, zögert etwas und gibt ihm dann einen sanften Kuss.
    Vorsichtig breitet sie ihren Umhang über beide und kuschelt sich an seinen Rücken. *Gute Nacht, Lou, ich hab dich sehr lieb* flüstert sie leise und schläft mit einem Lächeln ein.


    Als sie am Morgen erwacht, freut sie sich, dass er noch da ist. So gut wie letzte Nacht hat sie schon lange nicht mehr geschlafen. Sie beugt sich leicht über ihn und betrachtet sinnend seinen Mund. Überrascht bemerkt sie, dass er sie leicht an sich zieht. Träumt er oder hat sie ihn geweckt? Sanft senken sich ihre Lippen auf seinen Mund und sie genießt dieses schöne Gefühl, dass nur er in ihr auslöst. Doch Stop, sie wollten warten. Nur schwer kann sie sich wieder von ihm lösen. Wehmütig blickt sie auf ihn nieder und geht.


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    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Traurig kehrte ich nach Trent zurück. Eine Zeit ohne den Drachen konnte ich mir kaum vorstellen. Tröstlich klimperte sein Hausschlüssel in meiner Tasche. Ja, als ersten Trost wollte ich mir ein Bad in seinem Haus gönnen.


    Endlich war ich angekommen. So lang kam mir der Weg nach Trent noch nie vor. Neugierig drehte ich den Schlüssel im Schloss, voller Spannung wie es denn so sein wird, ganz allein in seinem Haus. Langsam öffnete ich die Tür, alles sah aus, wie bei meinem ersten Besuch.


    Schnell schloss ich die Tür und ging zum Bottich. “ohja, jetzt ein Bad wird mir gut tun” dachte ich. Meine Kleidung fiel in Windeseile zu Boden und schon glitt ich ins Wasser. Genüsslich seifte ich mich ein. Ah das tat gut, kein Zeitdruck und auch keine Angst, dass jemand zuschauen könnte.


    Wohlig räkelte ich mich im Wasser und entspannte langsam. Meine Gedanken begannen zu wandern: “Ob ich mir das Haus mal in Ruhe allein anschauen sollte? Warum eigentlich nicht? Drachi möchte doch, dass ich hier wohne.” Das Wasser wurde kalt, ich erhob mich seufzend und stieg aus dem Bottich. In Ruhe trocknete ich mich ab und zog neue Kleidung an.


    Aber dann wurde ich doch unruhig, die Neugier hatte mich gepackt. Langsam ging ich tiefer ins Haus hinein und schaute mich genau um. “Doch man könnte hieraus ein gemütliches Heim machen” sinnierte ich. Schon stellte ich mir vor, was ich wie dekorieren würde. Verträumt ging ich die Treppe zum Keller hinunter. Nachdenklich schaute ich auf das Möbelstück vor mir : “Achja, da steht ja eine Vitrine, was da wohl drin ist? Und eigentlich ist es der ideale Platz, um den Stein abzulegen, den ich Drachi als kleine Erinnerung da lassen möchte.” Schnell kramte ich in meinem Rucksack und holte den Stein heraus. Glücklich betrachtete ich ihn, er sah immer noch so schön aus und ist ein Symbol der Liebe. Den sollte der Drache unbedingt von mir bekommen. Fest hielt ich den Stein in meiner Hand und öffnete mit der anderen die Vitrine..


    “Nanu, da liegt ja schon ein Stein. Ein wunderschönes Blau. Was der wohl für eine Bedeutung hat?” Neugierig las ich den Zettel, der neben ihm lag und riß die Augen auf. “Wer ist diese Dame? Wie kommt sie dazu, hier einen Stein abzulegen?” Tausend Fragen wirbelten durch meinen Kopf. Geschockt legte ich meinen eigenen Stein dazu und rannte die Treppe hinauf.


    Blind vor Tränen verließ ich das Haus und wanderte die Nacht hindurch ziellos durch Trent. “Hab ich mich so getäuscht in dem Drachen? Wer ist er überhaupt? Oh weh, ich kenne ihn doch kaum und hab mich doch so weit so unsagbar weit schon auf ihn eingelassen! Wie konnte ich nur?”


    Mit letzter Kraft fand ich den Weg zurück in die Weberei. Dort war alles vertraut, dort fühlte ich mich wenigstens ein bisschen sicher. Erschöpft schlief ich auf der Werkbank ein.

    "Eine Seele ohne Phantasie ist wie eine Sternwarte ohne Teleskop." Henry Ward Beecher

  • Am nächsten Tag kehrte ich nach Trent zurück und wollte meine Liebste noch einmal sehen, bevor sie sich auf den Weg zum Gutshof macht. Freudig eilte ich in die Weberei, wo, wie ich wusste, sie noch letzte Vorbereitungen zu treffen hatte. Glücklich breitete ich meine Arme aus, um sie an meine Brust zu drücken. Doch was dann geschah, damit hatte ich nicht gerechnet:

    Humor ist eines der besten Kleidungsstuecke, die man in Gesellschaft tragen kann. (William Shakespeare)