"Oma Hornmoos, erzähl uns doch bitte eine Geschichte." rufen die Koboldkinder, während sie der Alten beim Einsammeln von Fichtenzapfenharz helfen.
Die Kinder gehen immer gern mit, weil sie wissen, dass sie dann wieder eine der wunderbaren, spannenden, lustigen oder gruseligen Geschichten zu hören bekommen. Es gibt nichts Schöneres, als sich zusammen mit den anderen zu gruseln oder so herzhaft zu lachen, dass man beinahe vom Baum kippt und auf dem Rückweg zu erklären, wie man es besser gemacht hätte als der Held der Geschichte oder warum man selbst mutiger gewesen wäre.
Heute erzählt Oma Hornmoos die Geschichte von Taps, dem frechen Hirschkäferjungen, der hinter einem wunderschönen, noch nie gesehenen Schmetterling herjagt. Er achtet nicht auf den Weg und fällt in eine Pfütze, die aber gar keine Pfütze ist, sondern ein Portal in eine ihm völlig fremde Welt. Auf der anderen Seite des Portals purzelt Taps aus dem hohlen Stamm einer dicken Eiche heraus und findet sich am Rande eines Dorfes wieder, in dem so viele Gestalten herum laufen, die er gar nicht kennt, noch nie gesehen hat. Sie sprechen alle verschiedene Sprachen, doch Taps versteht seltsamerweise alle. Die Angst packt ihn, als er die fremden Wesen sieht und voller Panik klettert er zurück in den hohlen Baum, will zurück in den Wald, aus dem er gekommen ist. Doch der hohle Stamm ist nichts weiter als ein hohler Stamm. Es gibt keine geheimen oder verborgenen Gänge oder Pforten, nichts, was dem Käferjungen ermöglichen würde, wieder zurück zu gelangen.
Eine Weile hockt Taps in dem Stamm der Eiche und weint bitterlich. Als die Dämmerung allmählich einsetzt, knurrt ihm der Magen ganz grässlich ...
Matka schreckt auf, geweckt von dem lauten Knurren ihres Magens. Verwirrt blinzelt sie und schaut sich um. Dann fällt es ihr wieder ein. Das Portal, die Wächterfigur, die Insel, die sie verlassen soll. Sie schaut an sich herab und auch an die Lumpen erinnert sie sich nun wieder.
Als das Koboldmädchen diese Portalinsel verlassen hatte, war sie auf einen Baum geklettert, von wo aus sie die Umgebung auskundschaften und die nächsten Schritte überlegen wollte. Offensichtlich war sie eingeschlafen und hatte von Oma Hornmoos geträumt. Die Geschichte von Taps ... die gefällt ihr immer noch am besten.
Matka fährt sich durch die wilden, grünen Haare, wischt sich über die Augen und atmet tief durch. Noch einmal. Und noch einmal. Schliesslich klettert sie von dem Baum herunter und folgt dem Pfad, der - wie sie vom Baum aus gesehen hat - zu den Mauern einer Stadt führt. Das wird dann wohl Trent sein. Sie muss unbedingt etwas essen und ein sicheres Lager für die Nacht finden. Da sie nicht weiss, wie gefährlich die Umgebung hier ist, wird sie wohl erst einmal Schutz innerhalb der Mauern suchen.