Louhi hustete vornüber gebeugt und rang nach Luft. Er hatte sich an seinem eigenen Feuerstrahl verschluckt. Und Drache hin und Drache her, Feuer weit in seinem Inneren schmeckte auch einem Drachen nicht, wenn er sich damit wohl auch keine Brandblasen im Magen holen würde.
`Was zum Henker war das', dachte er, als er, noch immer hustend, den Blick hob und den Boden vor sich absuchte. Er schluckte, als er tatsächlich eine verkohlte ziemlich formloses Etwas sah. Wobei, rollende, springende Kürbisse, wo immer die herkamen... Kürbisse?
Langsam dämmerte es ihm. Vor seinem inneren Auge sah er noch einmal, erkennend nun, was in sein Blickfeld und Feuer gesprungen war. Kürbisse, rot weiss, ... Mütze.... Olana. Diesen Kürbissen war er schon begegnet.
Fassungslos starrte er die Überreste an. "Nein," brüllte er, als sich seine Erstarrung endlich löste. "Nein!
Nein. Er wollte das doch nicht. Er konnte doch nichts dafür. Er war schon einmal verbannt worden. Sollte er nun wieder verjagt werden, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen. Diesmal weil er Böse war, tötete. Er hatte es doch gar nicht gewollt. Aber vielleicht lebte sie noch? Gellend, voller Entsetzten schreiend, sprang er in die Luft, flog los und brüllte weithin, "Hilfe, Hilfe einen Heiler! Ich brauch einen Heiler." Sein Flug führte durch die Berge ins Umland nach Trent.
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Ob sein Brüllen bis nach Trent reichte war fraglich, doch ins nähere Umland grollte seine Stimme allemal.
Mauswiesel, der gerade Äpfel auf seine Art pflückte, hörte das donnernde Gebrüll. Neugierig unterbrach er seine Arbeit, schaute in die Richtung, aus der es kommen musste, und suchte zu verstehen, was denn da gebrüllt wurde. Den Drachen sah er bereits, bevor er noch das Wort Heiler verstand, nach dem gerufen wurde. Mauswiesel war Heiler, und instinktiv, obwohl er die Heilkunde kaum noch ausübte, erwiderte er den Ruf. "Hier bin ich!"
Natürlich hörte das weder der Drache noch sonst wer, ausser vielleicht ein paar Grillen in der Nähe. Aber wenn wer so dringend nach einem Heiler rief und sogar in seine Richtung flog, dann musste ein Wiesel doch einfach helfen. Aufgeregt versuchte er sich sichtbar zu machen, indem er auf den höchsten Astspitzen balancierte und aufgerichtet mit den Pfötchen winkte. Doch der Drache war viel zu aufgeregt, zu schnell und zu sehr auf Trent fixiert, um das Wieselchen zu bemerken.
Doch flog er sehr niedrig, nicht weit über den Baumwipfel und tatsächlich steuerte er geradewegs auf Wieselchens Baum zu. Zumindest hatte es den Anschein und Mauswiesel erkannte eine Chance. Rasch flog aus seinem Rucksack, was ihm entbehrlich schien, und sicherlich für keine Heilung der Welt gebraucht werden würde. Denn er wollte leicht sein, wenn er sprang. Und dass er sprang, war ihm ganz selbstverständlich, denn er war ein mutiges und sehr kämpferisches Mauswiesel, ausserdem ein sehr neugieriges.
Mauswiesel sprang, ganz kurz bevor der Drache seinen Baum erreicht, vom wippenden Ast ab, denn er wollte die Spannkraft des Astes für seinen Sprung nutzen, schaffte es, wie von ihm gehofft, etwas höher zu springen, als der Drache flog und landete beim Runterfallen auf Louhis Leib, wo er sich sofort festkrallte. Geschafft, geschafft, jubelte das Wieselchen innerlich.
Als er sich seines Gleichgewichts wieder sicher war, drehte er und rannte den Hals hoch zum Ohr des Drachens, um endlich Gehör zu finden und Louhis Brüllen, nach einem Heiler, zu übertönen. Doch wiederum reagierte dieser nicht wie gewünscht, wenn er wohl auch unterschwellig etwas registriert hatte, denn er schüttelte heftig den Kopf, so als ob er etwas lästiges abschütteln wollte. Erschrocken, oder vielleicht auch mehr zornig als erschrocken, verbiss sich Mauswiesel in die Schuppen, die das Gehör schützten, um nicht den Halt zu verlieren. Soweit käme es noch, sich von einem Drachen abschütteln zu lassen. Gut, erlegen konnte er keinen Drachen, wobei... da könnte man mal drüber nachdenken, ob das wirklich nicht ginge, aber abschütteln, nie. Ein Mauswiesel lässt sich nicht abschütteln!
So hart und dicht und fest Louhis Schuppenkleid an den meisten Stellen war, am Ohr war es das nicht, sondern sogar sehr empfindlich. Denn es mussten ja Töne hindurch gelangen. Und er spürte Mauswiesel Biss schmerzhaft, so dass er seine Aufmerksamkeit dorthin lenkte. Aus den Augenwinkeln konnte er gerade noch etwas braunes sehen, da musste was sein. Verwirrt flog er langsamer, sogar das Schütteln lies nach. Mauswiesel, dessen Krallen endlich wieder richtigen Halt fanden, nutzte die Gelegenheit, öffnete sein Schnäuzchen und brüllte, so laut er konnte, dem Drachen ins Ohr, "Ich bin Heiler. Halt endlich an Du du... Drache!" Das "mmer" konnte er glücklicherweise gerade noch verschlucken. Immerhin war er ein höfliches Mauswiesel und nannte die Leute nicht dumm, auch wenn er verärgert war - oder recht hatte. "Halt endlich an, und sag, was dir fehlt, Drache."
Anhalten tat Louhi nicht, sondern er flog eine Kehrtwendung, nicht wissend, wer dort auf seinem Kopf saß."Wirklich, wirklich du bist Heiler?"
"Olana, sie... sie ist ins Feuer gesprungen. Ein schrecklicher Unfall." Dass es etwas anderes sein konnte als ein Unfall, konnte Louhi sich einfach nicht vorstellen. "Bitte, bitte, du musst helfen. Sie ist ganz verbrannt." Unruhig vernahm Mauswiesel die Nachricht. Man hatte doch schon öfter miteinander zu tun gehabt und sich recht gut verstanden. Ob es wirklich so schlimm war, wie der Drache sagte?
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