Beiträge von Fiona

    Traurig kehrte ich nach Trent zurück. Eine Zeit ohne den Drachen konnte ich mir kaum vorstellen. Tröstlich klimperte sein Hausschlüssel in meiner Tasche. Ja, als ersten Trost wollte ich mir ein Bad in seinem Haus gönnen.


    Endlich war ich angekommen. So lang kam mir der Weg nach Trent noch nie vor. Neugierig drehte ich den Schlüssel im Schloss, voller Spannung wie es denn so sein wird, ganz allein in seinem Haus. Langsam öffnete ich die Tür, alles sah aus, wie bei meinem ersten Besuch.


    Schnell schloss ich die Tür und ging zum Bottich. “ohja, jetzt ein Bad wird mir gut tun” dachte ich. Meine Kleidung fiel in Windeseile zu Boden und schon glitt ich ins Wasser. Genüsslich seifte ich mich ein. Ah das tat gut, kein Zeitdruck und auch keine Angst, dass jemand zuschauen könnte.


    Wohlig räkelte ich mich im Wasser und entspannte langsam. Meine Gedanken begannen zu wandern: “Ob ich mir das Haus mal in Ruhe allein anschauen sollte? Warum eigentlich nicht? Drachi möchte doch, dass ich hier wohne.” Das Wasser wurde kalt, ich erhob mich seufzend und stieg aus dem Bottich. In Ruhe trocknete ich mich ab und zog neue Kleidung an.


    Aber dann wurde ich doch unruhig, die Neugier hatte mich gepackt. Langsam ging ich tiefer ins Haus hinein und schaute mich genau um. “Doch man könnte hieraus ein gemütliches Heim machen” sinnierte ich. Schon stellte ich mir vor, was ich wie dekorieren würde. Verträumt ging ich die Treppe zum Keller hinunter. Nachdenklich schaute ich auf das Möbelstück vor mir : “Achja, da steht ja eine Vitrine, was da wohl drin ist? Und eigentlich ist es der ideale Platz, um den Stein abzulegen, den ich Drachi als kleine Erinnerung da lassen möchte.” Schnell kramte ich in meinem Rucksack und holte den Stein heraus. Glücklich betrachtete ich ihn, er sah immer noch so schön aus und ist ein Symbol der Liebe. Den sollte der Drache unbedingt von mir bekommen. Fest hielt ich den Stein in meiner Hand und öffnete mit der anderen die Vitrine..


    “Nanu, da liegt ja schon ein Stein. Ein wunderschönes Blau. Was der wohl für eine Bedeutung hat?” Neugierig las ich den Zettel, der neben ihm lag und riß die Augen auf. “Wer ist diese Dame? Wie kommt sie dazu, hier einen Stein abzulegen?” Tausend Fragen wirbelten durch meinen Kopf. Geschockt legte ich meinen eigenen Stein dazu und rannte die Treppe hinauf.


    Blind vor Tränen verließ ich das Haus und wanderte die Nacht hindurch ziellos durch Trent. “Hab ich mich so getäuscht in dem Drachen? Wer ist er überhaupt? Oh weh, ich kenne ihn doch kaum und hab mich doch so weit so unsagbar weit schon auf ihn eingelassen! Wie konnte ich nur?”


    Mit letzter Kraft fand ich den Weg zurück in die Weberei. Dort war alles vertraut, dort fühlte ich mich wenigstens ein bisschen sicher. Erschöpft schlief ich auf der Werkbank ein.

    Die Szene des folgenden Abschieds beschrieb ich schon einmal in einem Brief und finde auch jetzt keine besseren Worte dafür :


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    Brief von Fio an Lou


    Nun hat Fio ihm gar keinen Gutenachtkuss geben können, so schnell ist er eingeschlafen. Sie kniet sich neben ihn und betrachtet etwas traurig sein Gesicht. Sanft streicht sie eine Haarsträhne aus seinem Gesicht, zögert etwas und gibt ihm dann einen sanften Kuss.
    Vorsichtig breitet sie ihren Umhang über beide und kuschelt sich an seinen Rücken. *Gute Nacht, Lou, ich hab dich sehr lieb* flüstert sie leise und schläft mit einem Lächeln ein.


    Als sie am Morgen erwacht, freut sie sich, dass er noch da ist. So gut wie letzte Nacht hat sie schon lange nicht mehr geschlafen. Sie beugt sich leicht über ihn und betrachtet sinnend seinen Mund. Überrascht bemerkt sie, dass er sie leicht an sich zieht. Träumt er oder hat sie ihn geweckt? Sanft senken sich ihre Lippen auf seinen Mund und sie genießt dieses schöne Gefühl, dass nur er in ihr auslöst. Doch Stop, sie wollten warten. Nur schwer kann sie sich wieder von ihm lösen. Wehmütig blickt sie auf ihn nieder und geht.


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    Aber trotzdem schmerzte mein Herz noch immer bei dem Gedanken an den blauen Ritter. Es war ein Wechselbad der Gefühle. Tiefster Schmerz und neues unglaubliches Glück.
    Auf meine Stimmungsschwankungen reagierte der Drache mit Geduld und Sanftmut. Jederzeit konnte ich mich in seine tröstenden Arme werfen. Und so fand ich überraschend schnell mein Lachen wieder, überwand den gröbsten Schmerz und konnte innerlich Abschied nehmen von dem stolzen blauen Ritter.


    >>Leb wohl, blauer Ritter. Wo auch immer der Wind dich hintreiben mag, meine guten Wünsche begleiten dich … <<


    Die restlichen Tage unseres Ausfluges in den Dämmerwald verflogen viel zu schnell und doch kam es mir so vor, als würden wir uns schon ewig kennen. Erschrocken bemerkten wir, dass erst wenige Tage nach dem Weggang vom blauen Ritter vergangen waren und noch immer die entfernte Möglichkeit seiner Rückkehr bestand. Wir beschlossen, uns eine Weile zu trennen, Gedanken und Gefühle zu sortieren und ein wenig zu warten.


    (Auch heute noch zieht eine leise Wehmut durch mein Herz, wenn ich an den blauen Ritter denke. Der Mensch dahinter war für meine Puppenspielerin ein wunderbarer Freund. Sie vermisst ihn sehr.)

    Als ich wieder einmal Trübsal blasend da saß, fragte der Drache plötzlich, ob ich denn nicht einmal fliegen wolle. Überrascht schaute ich ihn an, diesen Wunsch hatte ich doch schon seit langem. Endlich wieder den Wind in meinen Haaren spüren, den Rausch der Geschwindigkeit fühlen … erfreut sagte ich ja.


    Ganz Gentleman legte er, selbst liegend, eine Schwinge als Rampe zu Boden. Doch in meiner Ungeduld kletterte ich flink über sein Vorderbein nach oben, wie ich es von Elefanten kannte. Schnell hatte ich eine bequeme Sitzposition in seinem Nacken gefunden. Alles fühlte sich überraschend vertraut an.


    Am Anfang flog der grosse grüne Drache ruhig und ich genoss den weiten Blick übers Land. Doch als er merkte, dass ich sicher und fest saß, begann er wild am Himmel zu toben. Steile Tiefflüge, Loopings und Pirouetten flog er mit mir. Da jauchzte ich nur noch und schrie meine Lust am Fliegen in den Wind. Alles andere war weit weit hinter mir. Ich lebte ganz den Moment und konnte endlich mal wieder herzhaft lachen. Wie berauscht war ich, als wir landeten.


    Dankbar umarmte ich den Drachen und fand mich überraschenderweise in den Armen des Drachenmenschen wieder. Etwas verlegen trat ich einen Schritt zurück und die Wirklichkeit holte mich ein. Traurig musste ich wieder an den Ritter denken. Der Drache merkte sofort den Stimmungsumschwung und nahm mich wieder einmal tröstend in den Arm.


    Doch aus der tröstenden Umarmung wurde der erste Kuss. Es fühlte sich an, als hätte ich endlich meine 2.Hälfte gefunden. Konnte das wirklich sein? Mein Herz schrie ja und vergaß alles andere um sich rum. Nur mein Kopf, wenn er denn mal zu Worte kam, erhob Einspruch - es ist doch viel zu früh! du kennst ihn doch kaum!

    Und so warf ich alle Bedenken über Bord und ließ es sogar zu, dass er mir seinen Hausschlüssel gab. Noch nie hatte ein männliches Wesen so schnell mein volles Vertrauen gewonnen.