Woflu regte sich, wodurch Linay erwachte. Sie gab ihm ein Fischsteak zu fressen, sie hingegen verspürte keinen Appetit. Nachdem das Fischsteak verputzt war, stubste der Flugwolf sie sacht und Linay glaubte, er wolle noch mehr fressen. Doch wiederholtes Stubsen und ein Schritt in Richtung Gittertor machten ihr klar, dass er versuchte sie zum Verlassen des Gartens zu bewegen.
Dann hörte sie Klamdors Stimme am Tor. "Linay!" raunte er halblaut.
Er versicherte ihr, dass keine Gefahr bestünde, Ratti schlief und er auf sie aufpassen würde, nur solle sie doch bitte heraus kommen. Linay wünschte sich nichts mehr, als ihm vertrauen zu können, in seinen Armen Schutz zu suchen und den furchtbaren Schrecken zu vergessen. Tat sie ihm Unrecht? Wusste er gar nichts von Rattis Geistergestalt? Er schien wirklich besorgt, hatte schliesslich Woflu zu ihrem Schutz geschickt und selbst offensichtlich die ganze Nacht vor dem Tor verbracht.
Plötzlich erhob sich Woflu in die Luft und flog über die Mauer des Gartens hinaus zu Klamdor ... mit ihrem Rucksack im Maul.
"War das auch deine Idee? Mich so heraus zu locken?" Sie schaute den Halbzwerg verärgert an, doch er erklärte, dass das bestimmt nicht auf seinen Mist gewachsen war.
Eine rote Füchsin tauchte vor dem Tor auf, Fiona! Sie versuchte Linay mit guten Worten und Pfannkuchen mit Honig vor das Tor zu locken. Unter normalen Umständen hätte Linay keinen Augenblick länger gewartet und den Pfannkuchen nur zu gern angenommen, doch sie verspürte überhaupt gar keinen Appetit. Trotzdem zwängte sie sich nun durch das Gitter, nachdem sie sich noch einmal prüfend umgeschaut hatte.
Linay wusste nicht warum, doch Fiona hatte sie gleich bei ihrer ersten Begegnung ins Herz geschlossen und vertraut. Unbesehen glaubte sie deren Worten, dass sie für sie immer in Rufweite sein und auf sie achten würde.
Schliesslich war sie mit Klamdor allein, der bisher kaum etwas gesagt, sie nur immer wieder selbst verzweifelt und entschuldigend angeschaut hatte. Nun nahm er sie in den Arm und sie liess den Tränen freien Lauf, dankbar für seine Nähe ... was ihm allerdings ein nasses Hemd einbrachte.
Als sich Linay wieder etwas beruhigt hatte, erklärte Klamdor ihr, dass Ratti das gar nicht beabsichtigt hatte. Sie hatte nicht gewusst, dass Linay Angst vor Geistern habe, derart schreckhaft sei. Verständnislos fragte Linay, wer denn wohl keine Angst vor Geistern habe und er stellte fest, dass es in Simkea Vieles gäbe, was nicht so war wie es schien und sie vielleicht ängstigen würde. Doch er würde immer da sein, sie beschützen, auf sie aufpassen, er und Woflu.
Die Kälte in ihrem Inneren wich und Wärme durchströmte sie. Die Wärme, die sie bis gestern Abend immer in Klamdors Nähe verspürt hatte. "Kennst du Rattis Geistergestalt?" fragte Linay vorsichtig, woraufhin er erklärte, dass er sie ein Mal gesehen habe und "es auch hätte ahnen müssen", doch er habe es wohl verdrängt.
Er hatte es gewusst und gab zu, dass damit wohl zu rechnen gewesen war, hatte sie aber weder gewarnt, noch von dort weggebracht.
Linay verspürte einen stechenden Schmerz. Er hatte es gewusst! Sie musste nachdenken, allein sein, raus aus Trent, wohin auch immer. Bald darauf passierte sie die Stadttore und lief ziel- und planlos durchs Umland, wobei Woflu sich an ihre Fersen heftete und sie keinen Moment aus den Augen liess.