Beiträge von Knorke Starkbier

    …, daß Herr Reto mittlerweile weder über Blaubeerbrand noch über Dreifachbockbier verfügt, da Herr Knorke mit einem sehr großen Glas durch seine Taverne und die Keller marschierte.

    …, daß auch Herrn Retos heldenhafter Versuch, sich schützend über eine Kiste "Grand Sûmpfi" (ein selten nachgefragter Ingwer-Tomaten-Likör) zu werfen, mit Hämatomen, Schürfwunden und Verdruß endete.

    Und daß es allein dem dominanten Charme von Frau Traviadane zu verdanken ist, daß in den nächsten Tagen noch kleine Mengen Grünkraut-Jäger und Pilz-Pils angeboten werden können.

    Die wenig bekannte Geschichte des Glückskekses


    Frühstück bei den Starkbiers. Kusin Kleinlicht und Onkel Topfen hieven mit vereinten Kräften den Haferschleimkessel zum Tisch und gießen die blasenschlagende Masse in den hölzernen Speisetrog.

    Im letzten Moment kann Kusine Kremich den Kopf vom schlummernden Großonkel Lüpfel aus der Flußrinne ziehen.

    Mit vor Gier zitterndem Eßbesteck – bei den Glücklicheren Löffel, bei den Findigeren hohl geschnitzte Stöcke oder konkave Steine, bei den Mittellosen die bloßen Hände und bei dem unglücklichen Schwippschwager Schwenke ein aus einem Mißverständnis heraus gestohlener Schusterhammer – harren die hungrigen Horden der ersehnten Sättigung und halten doch inne. Noch fehlt die großmütterliche Freigabe – der Startschuß zur Speisung.


    Unruhig brummelt die Menge, einander schubsend und zerrend – nur Kusine Schwämmchen bleibt unbedrängt wie eine Insel in stürmischem Gewässer und im Stillen gratuliert sie sich zu der Disziplin, mit der sie jahrelang die Ohren ihrer aufdringlichen Sitznachbarn abgebissen hat.


    Plötzlich wird es still. Großmutter Ilse naht und ihre Schritte lassen einige unsachgemäß gelagerte Einmachgäser aus den Regalen fallen, ein lockerer Dachziegel löst sich und zerbirst vor dem Fenster mit einem schamhaften Klirren.

    Tief gebeugt, um nicht an die Decke zu stoßen, schiebt sich die Clan-Chefin durch die Tür, greift sich einen zufälligen Verwandten und wirft ihn an den gegenüberliegenden Essensgong.

    BOIIING


    „MAHLZEIT!“ schmettert die Alte mit einer Stimme wie knirschender Kies.


    Wie da die Damen und Herren Starkbier flink wie alarmierte Erdmännchen und fokussiert wie ein Reiher in einem unverhofften Fischschwarm auf die warme, lebensspendende Haferpampe einstaken und sich das Mäulchen füllen!


    Da, unerwartet, öffnet sich die Tür und Vetter Dose schwankt herein. „Guten Appetit“ wünscht er rülpsend, bevor er sich schwer auf eine Bank niederläßt.

    Den vereinzelten Einladungen, sich zur speisenden Rotte zu gesellen, begegnet er mit müdem Winken. „Danke, danke. Ich möchte nichts.“

    Mit einer Mischung aus Schmerz und Freude wie eine werdende Mutter streicht sich der Spätankömmling über den geschwollenen Bauch. „Heute hatte ich wahrlich Fortune! Bei fast jedem Schritt fand ich einen Glückskeks! Ich bin pappensatt! Aber *ächz* die Teile dürften wirklich bekömmlicher sein.“


    „Ähm? Ihr eßt die Dinger?“ fragt Knorke irritiert.

    „Es sind Kekse. Natürlich esse ich sie.“ erwidert Dose auch irritiert.

    „Ganz?“ fragt Knorke irritierter.

    „Die sind umsonst“ antwortet sein Vetter noch irritierter.


    Die Herren starren sich in bilateralem Unverständnis eine zeitlang an, bis Oma Ilse die ungemütliche Stille unterbricht.


    „Ich entsinne mich noch an die Zeit als Glückskekse ein Bildungsprojekt des Magistrats waren.

    Natürlich um sich die Kosten für den Bau von Schulen zu sparen und sich die gesparte Penunze in die eigene Tasche zu schieben.“

    Ilse zieht eine überdimensionale, fast nachtschwarze Zigarre aus der gußeisernen Kittelschürze und entzündet sie mit einem lodernden Kaminscheit.


    „Damals erschien es dem Planungskomitee eine kostbare Idee, den Bürgern bei ihren täglichen Verrichtungen ein kostenloses Körnchen Wahrheit anzubieten …“

    „Für mich ZWEI!“ kreischt in diesem Moment Großtante Mürbel, die bei „kostenlos“ aus ihrem Schlummer erwacht war und nach „Körnchen“ aufgehört hatte zuzuhören.

    „Aber zwei große! Ich bin Kriegswitwe!“


    „Ich entsinne mich der frühen Glückskeksprojekte!“ fährt Ilse fort. „Bei den ersten Versuchen folgte man dem Grundsatz, den physischen und den geistigen Nährwert gleichwertig zu behandeln, so daß wertvolles Wissen in reichhaltiges Schmalzgebäck gebettet wurde. Die Resonanz der Kundschaft war zwiespältig, aber durchweg negativ – die einen beklagten durchfettetes, unlesbar gewordenes Pergament, die anderen störende Fremdkörper beim Verzehr.“


    Mit einer Pranke langt die Großmutter quer durch den Raum zum Blaubeerbrandregal und schenkt sich ein großzügig bemessenes Maß ein.


    „Man entschloß sich, das Projekt in die Hände eines externen ausgewiesenen Bildungsexperten zu geben. Somit betraute man Herrn Karana mit dem Entwurf eines massentauglichen Glückskeksprototypen.“


    Oma Ilse entweicht ein kleines Rauchwölkchen aus den Nasenlöchern, nachdem sie den Brand ruckartig eingekippt hat. „Holla! Der 1619er wird gut!“


    Mittlerweile haben sich nicht alle, aber zumindest die noch mobilen Verwandten um die erzählende Greisin geschart.


    „Der Herr Karana hat den Glückskeks erfunden?“ ruft Schwippschwager Schwenke überrascht. „Dann hat der Herr Waschbär ja mein Leben verändert!“

    „Wie denn das?“ wird von mehr als einer Seite gefragt.

    „In dem ersten, den ich fand, stand etwas sehr Kluges, das ich fortan immer beherzigt habe“ erinnert sich Schwenke.

    „Wie lautete denn diese Weisheit, Schwager?“ fragt Knorke.

    „Irgendwas mit Bienen.“

    „Mit Bienen?“

    „Ja. Oder anderen Vögeln. Es war ein sehr, sehr langer Satz. Aber sehr klug. Ich hab ihn mir leider nicht gemerkt“

    Herr Knorke wendet sich resigniert ab.


    Kusine Knorpel engagiert sich für Schwenke „Man sollte sich überhaupt nicht mehr als notwendig merken. Wenn man den Kopf überfüllt, läuft nämlich Wissen aus Mund und Nase raus. Und vielleicht weiß man dann nicht mehr, wo man wohnt oder wie man heißt.“


    Erbleichend starrt Schwenke sie an. „Das kann passieren?“

    „Jawohl“ informiert Kusine Knorpel „und wenn man sich die Löcher im Kopf mit Wachs zustopft, um zum Beispiel Porfessa an einer Universiumität zu werden, dann kann es passieren, daß einem die Birne zerplatzt wie ein Ballon und man anschließend nicht weiß, wie man seinen Hut tragen soll.“

    „Also am besten erst gar nix merken und wenn doch, dann schnell wieder vergessen!“ Ermutigend klopft sie Schwenke auf die Schulter.

    „Oh. Das schaffe ich“ seufzt dieser erleichtert.


    DARF ICH WEITERERZÄHLEN?“ brüllt Großmutter Ilse dezent und alle Nebengespräche enden.

    „Herr Karana hatte also seinen Glückskeks konzipiert. Der Magistrat hatte ihm unbedacht freie Mittel gewährt und so kam es dazu …“


    „ICH WEISS WIEDER“ unterbricht Schwippschwager Schwenke aufgeregt. „Ich weiß wieder die Keksweisheit!

    Den frühen Wurm fängt der Vogel!

    Eine Ermahnung nicht vor dem frühen Nachmittag aufzustehen, weil der Tag umso gefährlicher ist, je jünger er ist!“

    Erschöpft von der Erinnerungsarbeit fällt der Mann in sich zusammen.


    „… so kam es also dazu“ fährt die narbige Matriarchin mit einem entnervten Blick auf den suspekten Zufallsverwandten fort, „daß Herr Karana also einen Glückskeks nach seinem eigenen Ideal konzipierte. Als erstes verwarf er den zuvor als unabdingbar betrachteten Nährwert. Denn, so argumentierte er, ein gesunder Geist würde auch einen gesunden Körper bedingen (während der Zuckerbäckerinnung nahestehende Kreise zuvor behauptet hatten, daß in einem fetten Bauch auch voll fett der Geist wäre).


    „Dann erwog er einen besseren Schutz der offerierten Klugheiten, Denn Regengüsse, Parasitenbefall und Vandalismus zerstörten in der Frühphase des Glückskeksismus die meisten der Bildungsangebote. In der Folge trennte sich der weise Waschbär von der Idee eines eßbaren Behältnisses und bezog Holzstrukturen, Zement und Metallarmierungen mit ein.“


    Stöhnend öffnet die Alte einen 15-Liter-Bembel „Alter Dreiifachblaubeerdoppelbrandgeist“ mit der steif gehaltenen Unterlippe und gießt sich zwei handbreit in ein schmauchendes Marmeladenglas um es dann mit einem zufriedenen Röcheln zu leeren.


    „Jedenfalls stellte Herr Karana dem Magistrat eines Tages seinen ersten Glückskeks vor. Er bot mit solidem Mauerwerk, stabilen Fundamenten und einer vertrauenswürdigen Überdachung maximalen Schutz für die beherbergte Weisheit. Dazu bot das Konzept von Herrn Karana regalweise Raum für Sekundärliteratur und für die Promotionsarbeiten der den Glückssspruch verwaltenden Bibliothekare. Natürlich gab es auch eine kleine Küche und Sanitärräume.“


    Herr Knorke staunt. „Aber gab es da denn nicht Mangel an Raum für das üppige Begleitprogamm?“

    „Halb so schlimm“ antwortet Ilse. „Es ging, nachdem man das Quellenverzeichnis in die beiden oberen Stockwerke verlagerte. Und für die Fußnoten hatte Herr Karana ja ohnedies ein großzügiges Kellergewölbe eingeplant.“


    „Aber was ist aus diesem wunderbaren Projekt geworden, Frau Großmutter? Denn die kleinteiligen Klugscheißerkekse von heute können doch kaum der Plan dieses großen Gelehrten sein?“


    „Das habt Ihr für eure geistigen Mittel recht klug erkannt, Herr Enkel.“ antwortet Ilse. „Schnell wurde Herrn X das ambitionierte Projekt unheimlich und er wies die Reduzierung auf ein billig zu produzierendes Teigschälchen mit einer Füllung aus wenigen variierenden Kalendersprüchen an. Man enteignete Herrn Karana wegen Verstoßes gegen die eigens deswegen erlassene Gebäckmaximalgrößenverordnung und nutzt seinen Ur-Glückskeks seitdem als Ratsgebäude.“


    „Du liebe Güte“ staunt Neffe Nepomuk nicht schlecht „man weiß nicht, wo man lebt, bis man den Erzählungen unserer Ahnin lauscht.“


    „Ja, genau“ schreit Vetter Dose „und das Beste ist, daß ich noch einen von den leckeren Glückskeksen gefunden habe!“ Er hebelt sich mit dem Kappmesser eine breitgetretene Masse von der Schuhsohle und schiebt sie sich in den Mund. „Frag jetzt aber keiner, was da drinstand. Das kann ich frühestens morgen früh sagen.“

    #792


    Frau Flummii!

    Wäre dies nicht einen Wettstreit wert?


    dunkelblau - den Kratzer verlachend

    blau - leicht indisponiert

    türkis - lädiert, aber optimistisch

    grün - ernsthaft lädiert

    gelbgrün - zunehmend derangiert

    gelb - desaströs verbeult

    orange - zitternd und zagend

    rot - aller Hoffnung entsagend

    #792


    dunkelblau - kaum angekratzt

    blau - etwas angekratzt

    türkis - deutlich angekratzt

    grün - leicht lädiert

    gelbgrün - mittelstark lädiert

    gelb - stark lädiert

    orange - schwer zerschunden

    rot - fast am Ende


    @ Nilli: Das wäre jetzt die technische Version. Wenn lustigere Formulierungen gefallen würde mich das freuen.

    792


    Ich wünsche mir etwas differenzierende Literatur bei den körperlichen Zustandsangaben der gegnerischen Mitgeschöpfe (vulgo: Monster. Ein Begriff, der speziesistisch ist und den ich nicht verwenden will).

    Bislang lesen wir stets "miserabel", egal ob besagter Kombattant blau, grün oder schon tiefrot geprügelt ist. Hier wäre eine Skalierung von zum Beispiel "leicht indisponiert" über "ernsthaft lädiert" bis zu "desaströs verbeult" nett.

    Herr Knorke wirbelt begeistert seinen prachtvollen neuen Scimitar. "Sehet und staunet – eine Waffe eines Schwertmeisters meines Ranges würdig! Schön geschwungen wie der Hals einer ägyptischen Königstochter und leuchtend wie ein junger Stern!" Knorke zeigt einige komplizierte Angriffs- und Verteidigungsfiguren.

    "Ähm, ist einer der Anwesenden der Schneiderkunst mächtig? Und könnte mir mein Ohr wieder annähen? Verbandsmaterial findet ihr in dem stabilen Eßkorb, den ich praktischerweise dazugewonnen habe."


    Lieben Dank an die gutherzigen Spender und an Frau Shari für die Organisation dieser unterhaltsamen Veranstaltung!

    Der Tod klopft an die Tür


    "Herr Enkel!"

    In seltsam gedämpften Ton brüllt Ilse Starkbier nach Knorke und alarmiert eilt er an die Seite der knorrigen Alten.


    "Herr Enkel, es gibt Ernstes zu besprechen. Bitte setzt Euch und hört zu" röhrt die Großmutter und wirft Herrn Knorke mit einer beiläufigen Handbewegung in eine nahe Sitzgelegenheit.


    "Ich werde bald nicht mehr hier sein. Könnt Ihr die Familie an meiner Stelle zusammenhalten? Herr Knorke? Fühlt Ihr Euch imstande meine Aufgaben als Familienoberhaupt wahrzunehmen?" insistiert Ilse, die Schulter ihres Enkelkindes umfassend.


    "Aber wie, was, wieso, warum, Frau Großmutter …" stammelt Knorke konsterniert.

    Die riesige Gestalt der muskulösen Greisin beugt sich langsam hinab zu ihrem Enkel und Herrn Starkbiers Schulter protestiert mit trockenem Knacken gegen den fester werdenden Griff. "Ich spüre den Tod nahen, Herr Enkel."


    Knorke ist keines Kommentars fähig, er ringt sichtlich um Verständnis.


    Die Alte wendet den Blick zum Fenster – im Gegenlicht wirkt ihr Profil wie ein massiver, schrundiger Baumstumpf. "Ja, ich spüre es, ganz nah ist der Tod schon und bald muß ich gehen. Dann, Herr Knorke, müßt Ihr da sein.


    Sorgt dafür, daß Schwippschwager Schwenke nicht auf dem Heuboden raucht!

    Kümmert Euch um eure flatterhaften Kusinen!

    Behaltet Euren Großonkel Stülpnagel im Auge! Er hat sich von Herrn Sunmo einen sehr langen Löffel fertigen lassen und ich fürchte, er plant einen Anschlag auf unseren Rumtopf."


    Jetzt ist Knorke kurz davor nervlich zu kollabieren. "Frau Großmutter! Aber! Wie? Nein! Es kann doch nicht … Warum?"


    "Ich vertraue Euch das Schicksal des Starkbier-Klans an. Ihr taugt zu nichts, Herr Enkel, aber ihr habt ein gutes Herz." Die Alte richtet sich auf und ihr Blick schweift in die Unendlichkeit. Ganz leise wispert sie: "Der Tod klopft gleich an meine Tür. Es ist Zeit!"


    Knorke ist des verständigen Wortes nicht mächtig. Wie versteinert umklammert er die Tischkante.


    *Klickerdiklacker Klickerdiklack!* Das Geräusch kleiner, klopfender Knöchelchen an der Holztür.

    "Da!" brüllt Ilse. "Sag ich doch. Frau Rattentod ist pünktlich!" Hastig reißt sie eine Gallone Blaubierbrand aus dem Spirituosenregal und eilt zur Tür.


    "Frau Rattentod und ich sind nämlich zum Angeln verabredet! Rechnet morgen früh mit meiner Rückkehr und achtet nach Eurem besten Vermögen auf alles."


    Sie greift sich ihre alte Angelrute, öffnet die Tür, begrüßt die skelettierte Freundin und gemeinsam zieht man Richtung Weiher.


    Über die Schulter krakeelt Ilse noch: "Hände weg vom Blaubeerbrand!", aber die Ermahnung kam nicht nur schon zu spät, sondern war Herrn Knorke auch herzlich egal.


    Aber Respekt für deine Mühe, Feyara! Das Tool wird sicher vielen von Nutzen sein, wenn die letzten Korrekturen eingepflegt worden sind. Mir reicht zwar mein schmuddliger Spickzettel, aber vielleicht orientiere ich mich irgendwann mal beruflich um und kann dann auf die Informationen zurückgreifen.

    Frau Flummii hat heute neue Talentsammelkarten angekündigt! Jetzt fragt man sich natürlich, welche Talente diese thematisieren werden.

    Nach meinen Informationen ist diese hier sicher:


    Sammelkarte: Futtern

    Diese Sammelkarte können nur die größten Gierschlünde ergattern. Wo andere längst satt abwinken, stopft sich der Meisterfutterer noch einen weiteren Tintenfischring in den Hals und weiter geht das Schlemmern und Schnabulieren.

    Hier wird Völlerei zur Kunst erhoben und ihre Meister nennt man ehrfurchtsvoll Ladies and Lords of the Rings!


    Wie Ilse Starkbier dem Osterhasen begegnete und Knorke keine Eier fand


    Eines Abends kam Großmutter Starkbier nach einem langen Arbeitstag im Rodegebiet in die Stadt zurück. Der Ausbau des Familienanwesens forderte eine große Menge Holz und die Schulter schmerzte ihr ein wenig vom Umschubsen der Bäume.


    So ging sie noch etwas ziellos spazieren, als der ungewohnte Anblick eines blumengeschmücktes Tores ihre Aufmerksamkeit erregte. Die Pforte war unverschlossen und so trat Ilse ein, denn ein altes Starkbiersches Bonmot besagte, daß hinter offenen Türen oftmals freie Getränke warteten.


    Hier stieß sie aber nur auf einen haarigen Gesellen, der mit einer auffälligen roten Schleife, aber ohne Hose auf einer Wiese rumlungerte. Schon wollte sie dem vermeintlichen Unhold eine Tracht Prügel verpassen, als dieser sie fröhlich ansprach:


    „Ja, Grüß Gott, gute Frau. Schau, ich hab hier ein Körble für Euch, damit ihr bunte Eierle sammeln gehen könnt!“

    Was?“

    „Ein Körble. Für euch. Zum Eierlesammeln.“

    Hä?

    „Frau! es ist Ostern. Ich bin der Osterhase. Ich offeriere Euch hier einen traditionellen Korb, damit ihr die traditionellen Ostereier traditionell einsammeln könnt!“ Auch für den Hasen war es ein langer Arbeitstag gewesen und die neue Kundin hielt ihn vom Feierabend ab.

    „Wozu?“ fragte Ilse ratlos.

    „Wozu? Das Osterfest, gute Frau, ist ein kulturell reiches Fest, das ein Band knüpft zwischen …“

    „Du bist ganz schön fett.“ merkte Ilse an, die Taille des Gesellen taxierend.

    „Äh … ein Band knüpft zwischen Alt und Jung und … Iiiiks!“ Ilse Starkbier hatte einen knorrigen Zeigefinger in des Hasen weichen Bauch gebohrt.

    „Richtige Schwabbelbombe!“

    „Gute Frau, ich, äh, ich …“ Empört und verlegen zugleich mühte sich der Osterhase den Bauch einzuziehen.

    „Vielleicht solltet ihr euch mal selbst so nen Korb nehmen und ein wenig tätig werden, um eure Plautze wegzuschmelzen.“

    „Aber, gute Frau! Ich bin der Osterhase und ich …“

    „Eure Vorgänger jedenfalls hätten sich so einen Speckranzen nicht leisten können. Als ich ein junges Mädchen war, war das Eierfärben noch ein gefahrvolles Geschäft für sehnige Athleten. Da gabs noch keine gemütlichen Hühnervögel, denen man das Gelege unterm Hintern wegziehen konnte, ohne den Verlust von Gliedmaßen zu riskieren.“

    „Äh. Es gab noch keine Hühner, sagt ihr? In eurer Jugend?“ Mittlerweile war der Hase völlig konsterniert und schaute sich unauffällig nach Hilfe um.

    „Nein, die Eierproduzenten waren im allgemeinen stark bezahnt und so einem fetten Happen wie Euch nicht abgeneigt. Hab mal einen frühen Vertreter eurer Zunft beobachtet, als ich weiland Ostern Anno Tobak meine Großeltern zum Schachtelhalmtee besuchen wollte.“

    „Schachtelhalmtee …“

    „Dunkelbohnen gabs noch nicht“

    „Gabs noch nicht. In eurer Jugend. Äh.“

    „Jedenfalls mußte ich in das Sumpfgebiet, weil meine Oma und mein Opa noch amphibisch lebten“ begann Großmutter Starkbier zu erzählen. „Den damaligen Trend, ganz an Land zu leben, hielten sie für eine kurzlebige neumoderne Marotte. Dort beobachtete ich einen Osterhasen bei seiner gefährlichen Arbeit …“




    Kurz verschwamm Ilse Starkbiers Blick bei der Erinnerung an die fernen Tage, gewann dann aber gleich wieder die bohrende Schärfe, mit der sie den Erzählungen ihrer Anverwandten zufolge aus sechs Metern Entfernung einen Kürbis platzen lassen konnte.


    „Nun gebt schon einen Schwung dieser Körbe her, Moppelhase. Die ganze Sache riecht nach Dukaten. Ich entsende meinen Klan zur Eiersuche!“

    „Oh, es gibt aber pro Kopf nur ein Körble …“

    „Soll so sein. Das wären dann zwei Dutzend. Rückt sie gleich jetzt raus, Dickerchen – ihr wollt nicht alle Starkbiers hier im Osterland einzeln empfangen, glaubt mir, Meister Wampe“ erwiderte Ilse resolut und nahm dem Hasen die Sammelkörbe ab, dem jetzt so langsam alles egal war, sofern er nur die grobe Alte los wurde und mit einer Flasche Eierlikör ins Bett konnte.


    Zuhause angelangt verteilte Ilse die Körbe an die zusammengerufenen Damen und Herren Verwandten und erteilte Ihnen für den nächsten Tag den Marschbefehl mit dem Auftrag, Ostereier in großem Stil abzuräumen.


    Was beim frühmorgendlichen Aufbruch niemand ahnen konnte, war, daß die Expedition in einem Fiasko enden würde und daß von der ursprünglichen Gruppe nur einer auch nur das erste Ziel, den fernen Dämmerwald, erreichen sollte.


    Als die Klanmitglieder – Knorke Starkbier, einige Onkel und Tanten, eine vielköpfige Neffen- und Nichtenschar sowie ein Schwippschwager, dessen Herkunft etwas im Ungewissen lag – an diesem diesigen Sonntagmorgen aufbrachen, wußten sie nicht, daß sie schon den ersten schweren Planungsfehler gemacht hatten.


    In den kühlen Morgenstunden erschien die Bemessung der Blaubeerbrand- und Dreifachbockbierrationen ausreichend, doch nur eine Stunde später auf Höhe der alten Weberei war die Sonne stechend durch die Wolkendecke gebrochen und die Abenteurer litten unter quälendem Durst. Mit Mühe und Not rettete man sich in die Taverne, wo man die schwersten Fälle in hastig errichtete Sauerbierzelte bettete und die Glücklicheren mit duftenden Obstbränden und perlenden Heilbierchen verarztete.


    Schwippschwager Schwenke und die Onkel Kruste und Bärlauch erklärten, aufgrund ihrer tiefen Erschöpfung nicht weiter mitreisen zu können. Den Protesten Retos zum Trotz baute man in seinem Weinkeller ein Lazarett. Verschiedene Tanten und jüngere Verwandte blieben zur Pflege und Beaufsichtigung der Versehrten zurück.

    "Bringt mir ein Osterei mit!" barmte Onkel Kruste der Restexpedition mit schwacher Stimme hinterher und entkorkte, als diese außer Sicht geriet, zum Trost eine Flasche Chateau de Sumpfi Brut.


    Kurz nach Verlassen der Stadt stießen die Starkbiers auf ein üppig tragendes Blaubeerfeld. Instinkt, Neigung und Vorausschau auf die nahe Blaubeerbrandsaison obsiegten über das Pflichtbewußtsein und der größte Teil der Gesellschaft beschloß hier ein provisorisches Lager aufzuschlagen. Knorke half noch mit, die Theke und die Billiardtische zu errichten, bevor er sich mit seinem verbliebenen Trupp – seiner Nichte Nöle Starkbier – weiter durch das Umland kämpfte.


    Diese letzte Anverwandte verabschiedete sich von Knorke in Höhe der seltsamen Waldstelle mit einer bewegenden Rede – des Inhalts, daß das Umland doof sei, Ostereier doof seien, der Hase gar noch doofer und Knorke sowieso.


    Auf sich allein gestellt erreichte er den Dämmerwald, fand jedoch dort alles mit Bäumen zugestellt – an eine Eiersuche war hier nicht zu denken.


    Sein nächstes Ziel – die Nordschneise – fand er nicht, weil er sich nicht erinnern konnte, in welcher Himmelsrichtung sie lag.


    Auf dem Gutshof wiederum erkannte ihn kein Schwein und es hatte sich zudem eine Hühnerwehr organisiert, die mit paramilitärischen Mitteln alle Ostereier zu requirieren suchte. Knorke versteckte sich im Teich, teilte sein Brot mit der dort hausenden Ente und schlich sich im Schutz der Dämmerung davon.


    Doch das Pech blieb ihm treu. Auf der Überfahrt zur Insel des gefrorenen Feuers kollidierte sein Boot mit einem gefrorenen Osterzopf, schlug leck und sank. Knorke konnte sich in einem halbvollen Aquavitfaß retten.


    Die Überfahrt zur Sumpfinsel blieb ihm verwehrt, weil er anstelle eines Holzpaddels versehentlich einen Pfannenwender ausgerüstet hatte.


    Im Adoragebirge stellten sich die gefundenen Ostereier als einigermaßen ovoides Geröll heraus und schließlich – in der Wüste – blieb der frustrierte Abenteurer in der Karawanenkneipe „Zum Treibsand“ hängen.

    In sein Tagebuch notierte er: „Heute die Wüste erreicht. Alles voller Sand. Eine kleine Schale Kaktusbier kostet 2 Dukaten.“

    Knorke gab auf und trat die Rückreise nach Trent an.


    Das Umland war mittlerweile von erschöpften, aber erfolgreichen Eiersammlern bevölkert, die, gebeugt von der Last ihrer Beute, in Richtung Trent trotteten.


    Dieser angesichtig wurde Herr Starkbier von einer warmen Welle des Mitgefühls erfaßt und er erleichterte die Beladenen stickum hier um das eine, dort um das andere Osterei, bis er ein respektables Sortiment vorzuweisen hatte, das man der Frau Großmutter präsentieren konnte, ohne Schaden am Leib zu nehmen.


    Und so nahm die so desaströs begonnene Odyssee doch noch ein gutes Ende.

    Oh, da danke ich den Veranstaltern und der Jury für die Berücksichtigung und Honorierung meiner Mühen. Zwischendurch wurde es doch etwas kühl im Nachthemd meiner Großmutter und der Heiligenschein war zwei Nummern zu klein und hat gedrückt. Und die Federn jucken.


    Ein Bambi! Da wird bestimmt etwas von dessen unbedingter Niedlichkeit auch auf mich abfärben!

    *knickst artig und gleitet auf den Schwingen der Glückseligkeit zur Taverne*


    Am Sonntag, den 16.12. werde ich in der Tavernenküche einige dieser possierlichen Hausgenossen zu fangen versuchen.

    10 Exemplare sind schon von Herrn Sergej vorbestellt, darüber hinaus könnt ihr, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Gelegenheit nutzen, ein eigenes Exemplar zu bekommen.

    In der Vitrine eine Zierde für jedes Haus!

    Vorbestellungen sind erwünscht, da die Tiere vor Ort abgeholt werden müssen.

    8 Heller Materialkosten werden standardmäßig erhoben. Über freiwillige Gratifikationen nach eigenem Ermessen würde ich mich freuen.


    Knorke Starkbier

    Safarileiter