[RP] Die Nacht der Geister

  • Als spürten die Geister, dass ihre letzte Reise bevorstehen würde, drängten sie sich immer näher an das Feuer, während die Anwesenden nebst dem neugierigen Burschen Hannes, der den noch immer bleichen Toran an der Hand hinter sich her zog, langsam an die Flammen herantraten.


    Zihaanis Blick ruhte auf Valyndea, in der Hand hielt sie einige Stücke Eibenrinde, die - wie es hieß - das Portal für die Geister öffnen würde, sobald sie den Flammen übergeben würden. Die Halbelfe wartete auf ein Zeichen der Druidin. Plötzlich hob ein Flüstern und Wispern an, das von überall her zu kommen schien, das Feuer züngelte unruhig und Schwester Mond war in voller Pracht am Firmament zu sehen. Warum auch immer, das wusste Zihaani nicht zu sagen, aber sie war überzeugt, daß es nun soweit sein musste: sie warf ein Stück Rinde ins Feuer, gab die restlichen Borkenstücke an den zu ihrer Linken stehenden Isimund weiter, damit dieser es ihr nachtun konnte.
    Dieser Teil des Zeremoniells war der Halbelfe bekannt: jeder der Anwesenden würde ein Stück der Eibenrinde in die Flammen geben, danach würde ein Kreis um das Knochenfeuer herum gebildet, indem man sich bei den Händen nehmen würde.


    Das Flüstern schien sich zu intensivieren, etwas lauter zu werden, als Zihaani jetzt den Blick zum Himmel hob und Luna anrief: "Schwester Mond, ewig Währende, Schutz spendende, Gütige, sieh wir haben uns hier versammelt diese untoten, rastlosen Seelen Verstorbener zu ihrer letzten Reise zu geleiten." Aus den Augenwinkeln linste sie kurz zu den anderen, hoffend, daß sie sich alle an der Zeremonie beteiligen, Rinde verbrennen und sich dann an den Händen nehmen würden.
    Wieder loderten die Flammen auf und die Geister schienen sich nun zwischen das Feuer und den sich aus den Anwesenden bildenden Kreis zwängen zu wollen - was bei ihrer Anzahl gar nicht einfach war, war doch der Kreis mangels weiteren Gästen recht klein, so daß es sich nicht vermeiden ließ, daß sich die transparenten Wesen dicht an dicht an, auf und über den lebenden Beteiligten drängten. "Fffsch." und ein leiser Windhauch, ein erneutes "Fffsch." und plötzlich schoben sich Schleierwolken vor den Mond - so zumindest dachte Zihaani anfänglich, bis sie feststellte, daß es nur einige der Geister waren, die ihr dicht vor ihr Blickfeld gedrängt die Sicht vorübergehend nahmen.


    Das Leben wird zu 10% davon bestimmt, was Dir widerfährt und zu 90% davon, wie Du darauf reagierst.

  • Isimud stand mit den anderen am Feuer, Teil des Kreises. Die Unruhe der Gespenster war beinahe körperlich zu spüren, aber auch ihre Vorfreude. Nun, das war zu erwarten gewesen, wenn man die Angelegenheit nüchtern betrachtete. Doch dass Alphias Rucksack buchstäblich auf und ab ab hüpfte, verwunderte Isimud mehr als nur ein wenig.


    Nicht ablenken lassen! Vielleicht bilde ich mir das ja auch nur ein.


    Doch Isimud täuschte sich nicht. Und dann begriff er, was er da eigentlich beobachtete: Seine magische Laterne, die er auf dem Boden abgestellt hatte, um Zihaanis und Alphias Hände ergreifen zu können, wackelte ebenso wie Alphias Rucksack. Stimmt ja, hatte sie da nicht vorhin ihre eigene magische Laterne hineingestopft? Nun rappelten die beiden in den Lampen gefangenen Gespenster, begierig, sich dem Reigen ihrer Leidensgenossen anzuschließen und mit ihnen zusammen der Gefangenschaft zwischen den Welten ein Ende zu bereiten.
    Das Hexenritual, welches sie in die Laternen band, war mächtig, doch das ältere der Druidin und der Halbelfe mächtiger. Nicht aufgrund seiner langen Tradition, sondern wegen seiner Reinheit. Die Lampen magisch versiegelten Laternen aufzusprengen vermochte es nicht, jedoch entstanden in dem milchigen Glas Risse... Ein kleiner Riss nur, doch war das alles, was ein feinstofflicher Geist benötigte, um seinem Gefängnis zu entkommen.
    Mit einem befreiten Ziiiiiiiiiiiscchhhhhhhh wuschten die beiden Gespenster in die Freiheit und verschmolzen mit dem grauen "Nebel".

  • Plötzlich hielt Hanswalter ein paar Stücke Rinde in der Hand. Er wusste nicht, wo sie her kamen. Die Geister hatten einen so dichten Nebel gebildet, dass der Schmied nur noch das Feuer vor sich erkennen konnte. Die Gestalt rechts von ihm zeichnete sich nur schemenhaft in der weißen Wand ab.
    Wenn er Zihaani richtig verstanden hatte, musste er nun eines der Stücke in die Flammen werfen und den Rest weiterreichen. Das Feuer zu treffen war nicht schwer, als er aber versuchte, die übrigen Stücke weiterzureichen, musste er erst ein wenig damit herum wedeln, bis er spürte, wie eine Hand danach griff.
    Gespannt wartete er ab, was als Nächstes passieren würde.

    Hanswalter öffnet einen Glückskeks und liest folgenden Spruch: Wer zuletzt lacht, hat es als letzter verstanden.


    Falls jemand Langeweile hat: In Professor Blooms Bibliothek steht ein Werk in 4 Bänden zu der Vorgeschichte Hanswalters.

  • Es war bizarr: Zihaani ahnte, dass einer nach dem anderen etwas von der Rinde ins Feuer warf, obwohl sie es durch die wie entfesselt herumwirbelnden Geistgestalten nicht wirklich sehen konnte. Die Flammen schienen sich zu verändern, schienen in ihrer Mitte ein grünlich schimmerndes Portal zu bilden, dessen Anblick die Geister noch unruhiger machte.


    Plötzlich verschwanden die ersten untoten Nebelgestalten in den Flammen, beziehungsweise in diesem Portal, was förmlich für einen Aufruhr unter den Geistern sorgte. Das kleine Gespenst huschte auf das Feuer zu und die Halbelfe glaubte, ein erfreutes "Es geht los, es geht los..." zu hören und es schien ihr, als würde das kleine Wesen vom Feuer aus zu den Anwesenden herüber zu winken.


    Zihaani hielt die Hände zu ihrer linken und rechten umfasst und verfolgte die Szene gebannt. Tatsächlich schien die Zeremonie bisher erfolgreich verlaufen zu sein, denn die "Nebel" lichteten sich allmählich, als ein Gespenst nach dem anderen seine letzte Reise antrat, die einen mit einem schauerlichen Heulen und Jammern, von anderen glaubte die Halbelfe ein Lachen oder Kichern vernehmen zu können. Bald konnte man wieder die Anwesenden erkennen, Zihaani sah Hanswalter nicht minder gebannt dem Geschehen folgen, Isimund und Alphia offensichtlich hin und her gerissen zwischen ... Zihaani glaubte den einen oder anderen Schatten von Schuldbewusstsein auf ihren Mienen lesen zu können, Erleichterung war auszumachen und die Druidin stand nach wie vor regungslos dem Feuer zugewandt. Nur die Lippen bewegten sich ab und an kaum wahrnehmbar, oder war es der Schatten, den die Flammen warfen?


    Das Leben wird zu 10% davon bestimmt, was Dir widerfährt und zu 90% davon, wie Du darauf reagierst.

  • Es funktionierte! Zihaani und die Druidin hatten es tatsächlich geschafft, ein Portal zu der Welt der Toten zu öffnen. Wie eine riesige Scheibe aus grünem Buntglas schwebte es über dem Feuer.
    Hanswalter sah gebannt zu, wie ein Gespenst nach dem anderen hindurch flog und verschwand. Ein Gefühl der Erleichterung machte sich in ihm breit. Er hatte der halbtransparenten Horde versprochen, sie in die Freiheit zu führen und konnte nun sehen, wie sich dieses Versprechen erfüllte, dank der tatkräftigen Unterstützung der Halbelfe und der Druidin.
    Er verdrängte den Gedanken, dass er seine Begleiter der letzten Tage vermissen würde und freute sich für sie. Dieses Ereignis war sicherlich ein Anlass zum Anstoßen. Bei dieser Überlegung warf der Schmied einen unauffälligen Blick in Richtung Fass. Was da wohl drin sein mochte?

    Hanswalter öffnet einen Glückskeks und liest folgenden Spruch: Wer zuletzt lacht, hat es als letzter verstanden.


    Falls jemand Langeweile hat: In Professor Blooms Bibliothek steht ein Werk in 4 Bänden zu der Vorgeschichte Hanswalters.

  • Isimud starrte fasziniert zu der Portalöffnung hinauf. Aus keinem bestimmten Grund versuchte er, individuelle Gesichtszüge in den befreiten Geistern auszumachen, doch vergeblich. So gleichförmig, eines wie das andere, erschienen ihm die Gespenster, dabei blickte doch jedes auf seine ganz eigene Lebensgeschichte zurück. Oder jetzt nicht mehr? War das der Preis, wenn einen der Tod von den schlechten Erinnerungen befreite, auch die guten aufgeben zu müssen?
    In einem Strom von Lebensenergie, in dem alle miteinander eins zu werden schienen, verschwanden die Gespenster aus dem Diesseits. Isimuds magische Laterne war leer, sein Gewissen (für dieses Jahr) erleichtert und wenn er ehrlich mit sich selbst war, hatte er genug von solch spirituellen Vorgängen. Geistige Getränke, nun, das war etwas anderes...