Auf Reisen durch Simkea

  • Nach einem erfolgreichen Tag am Markt, machte sich Xandrial wieder auf den Weg ins Umland. Fest vermummt in ihrem Umhang schloß sie ihren kleinen Marktstand ab und machte sich auf den Weg zum Stadttor. Die Sonne stand schon tief, als sie Trent verließ und zum Hof aufmachte. Die Nächte waren kalt geworden und so hatte sie sich angewöhnt einen kleinen Vorrat an Material mitzunehmen, der sie vor der Kälte schützte. In Gedanken versunken ließ sie die Obstbäume heute links liegen. Sie überlegte wie viele Monde vergangen waren seit sie hier gestrandet war. Nachdenklich überlegte sie weiter wieviele das wohl in ihrer alten Heimat seien, wo die Zeit noch etwas anders lief und fragte sich ein wenig wehmütig, ob sie diese je wiedersehen würde.


    Es war zwar nicht unüblich, dass einige aus ihrem Volk in anderen Welten lebten, ab und an hörte man Geschichten darüber, dennoch war sie nie jemandem davon begegnet. Die Gegend nahm sie kaum noch wahr, als sie weiterlief und leise seufzte. Diese Welt war viel friedlicher als ihre eigene, auch wenn ab und an einige Wesen Streit suchten. Tief versunken überlegte sie ob sie nach den vielen Monden hier heimisch geworden sei. Nunja beschloss sie ihre Gedanken, so halb und halb. Die Gegend und Wesen waren vertraut, die Vielzahl der Rassen und Kulturen manchmal schwierig zu verstehen. Ob ihre eigene Welt noch existierte, oder die Bewohner sich endgültig selbst zerstört hatten, wusste sie nicht. Also war es wahrscheinlich sehr viel besser in einer fremden Welt zu verweilen.


    Für einen Augenblick blieb sie stehen und beobachtete den Sonnenuntergang, bis es ganz dunkel wurde und sie langsam anfing zu frösteln. Die Rastlosigkeit ließ dennoch nicht nach. Ihre Scheu hatte nachgelassen, die Verwunderung war allerdings geblieben. Selten verweilte sie länger an einem Ort, bis es sie wieder fort zog. Simkea bot eine Menge Abwechslung, so das sie seltener zum Nachdenken kam, als noch zu anfang. Dennoch blieb das hin und herlaufen immer dasselbe. Ob sich das wohl jemals ändern würde ? Nun sie könnte ein Haus bauen, als Schreinerin war es sicher ein leichtes, aber sie wusste tief in ihrem Inneren das es auch nur leerstehen und sie nicht sesshaft werden würde.


    Xandrial erreichte den Eingang zum Hof als es schon stockdunkel war. Ihre Glühwürmchenlaterne gab genug Licht um den Weg zur Scheune zu finden und die kleinen tanzenden Lichtpunkte beruhigten ihr Gemüt ein wenig. Müde von dem langen Tag schichtete sie in der Scheune Heu und Stroh auf, stellte ihren Rucksack daneben und legte sich schlafen....

    Du siehst Dinge und fragst: „Warum?” Doch ich träume von Dingen, die es nie gegeben hat und sage „Warum nicht?” (Bernhard Shaw)

  • Noch im Halbschlaf blinzelte Xandrial ein wenig und war versucht sich auf die andere Seite zu drehen um einfach weiterzuschlafen. Sie schloß für einen Moment noch maldie Augen und gähnte. Es schien noch dunkel um sie herum zu sein, wie immer zu dieser Jahreszeit. Und es gab hier kein warmes Feuer, wie in Trent. Nach einigem inneren Ringen siegte die Vernunft und sie krabbelte aus ihrem Heubett heraus. Danach schüttelte sie erstmal den Umhang aus und zog sich die restlichen Halme aus ihren Locken. Fröstelnd lief sie zum See wo es leider zu kalt zum Schwimmen war, aber es gab wenigstens Wasser um sich frisch zu machen. Als sie den Rückweg antrat um ihre Sachen zu holen, wurde es langsam etwas heller und sie deckte ihre Laterne mit einem Tuch ab. "Schlafenszeit" murmelte sie, und wünschte den winzigen Wesen, die in der Laterne nun schon so lange wohnten, einen erholsamen Schlaf.


    Danach machte sie sich zur Wiese auf, wo so langsam auch die Tire wach wurden und erledigte ihr Tagewerk. Als alle Kühe gemolken und alle Schafe geschoren waren, lief sie erschöpft zur Scheune zurück und beschloss erstmal ein kräftiges Frühstück zu sich zu nehmen. Frisch gestärkt ging es zu den Hühnern. Bei diesen musste man immer aufpassen, dass sie einem nicht davon liefen. Ein Huhn wieder einzufangen war nämlich gar nicht so einfach, wie die Halbchieri sich das anfangs gedacht hatte. Auf ihrer Heimatwelt gab es diese Tiere nicht, doch sie hatte sich schnell an den Geschmack von gebratenen Eier gewöhnt, die frisch aus der Pfanne sehr lecker schmeckten. Da sie leider zwei linke Hände hatte, was das Kochen anbetraf, nahm sie sie immer mit und suchte sich einen Koch oder Köchin, die diese zubereiteten. Das war gar nicht so schwer, es gab genügend in Trent davon, die gegen ein paar Silberlinge dies gern übernahmen. Das kam ihr sehr gelegen, da sie immer nur kurz am Markt war um Nahrungsmittel einzutauschen und Werkzeug und Kleidung zu erwerben.


    Dieses mal jedoch schienen die Hühner noch nicht ganz so wach zu sein, oder vielleicht mochten sie sich auch an diesem Novembermorgen nicht bewegen, zumindest war ihr kleiner Korb schnell mit den kleinen weißen und braunen Eiern gefüllt. Zufrieden machte sie sich auf den Rückweg, grüßte hier und dort ein bekanntes Wesen und pfiff eine leise Melodie vor sich hin, die sie vor kurzem irgendwo aufgeschnappt hatte und ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen mochte...

    Du siehst Dinge und fragst: „Warum?” Doch ich träume von Dingen, die es nie gegeben hat und sage „Warum nicht?” (Bernhard Shaw)

  • Nachdem alles gut verstaut war, warf Xandrial einen Blick aus dem kleinen Fenster der Scheune und sah die ersten Schneeflocken. Sie war noch immer erstaunt, dass es hier im flachen Land soviel Tiere und Pflanzen gab und dennoch zu Weihnachten ab und an die Schneeflocken tanzten. Sie war zwar in einem kalten Gebirge geboren und aufgewachsen, doch gab der Boden dort nicht viel her. Hier war das anders. Schnell packte sie einen warmen Umhang aus und tapste nach draußen. Erst sah sie eine, dann zwei, dann drei Schneeflocken, die vom Himmel fielen. Solange bis sie unzählbar wurden. Xandrial ließ Arbeit liegen und bestaunte die weiße Pracht, die sich um sie sammelte.


    Sie beschloss einen Spaziergang zu machen, verließ den Hof und schaute sich das Umland an. Munter und vergnügt hielt sie auf eine Baumgruppe zu und stellte sich dort unter. Dann schüttelte sie die vielen Schneeflocken aus den Locken, die sich darin verfangen hatten. Vielleicht hatte sie das simkerianische Klima unterschätzt, wo es doch nur auf den Eisinseln soviel Schnee geben sollte. Eigenartig, dachte sie und sah zu, wie nach und nach alles um sie herum weiß wurde. Aus ihrem Unterschlupf heraus hatte sie einen guten Überblick und als sie nach oben sah, bemerkte sie wie auch ein Eichhörnchen unter dem Baum Schutz gesucht hatte. Sie kramte in ihrer Tasche und legte ein paar Samen auf den Boden. Dann ging sie einen Schritt zurück und legte nach und nach eine ganze Spur zwischen den Bäumen entlang. Beim letzten hielt sie an und wartete gespannt. Ein paar Minuten vergingen , bis sie ein leises rascheln hörte. Hungrig sammelte das Eichhörnchen die Samen ein und die junge Frau konnte sehen, wie dessen Backen immer dicker wurden. Sie hockte sich langsam hin und ließ ein paar in ihrer Hand liegen.


    Das scheue Tier witterte vorsichtig, stellte sich auf die Hinterbeinchen und klaute auch diese Samen aus ihrer Hand heraus. Mehr hab ich aber nicht, Xandrial schmunzelte und sprach ganz leise um es nicht zu erschrecken. Das Tier schien ihr anscheinend nicht zu glauben und war mit einem Satz auf ihrer Schulter angelangt, um ausführlich die Manteltaschen danach zu durchsuchen. Die Halbchieri kicherte leise und lies es gewähren. Als es alles erkundet hatte legte es noch mal den Kopf schief und war schnell zwischen den Baumwipfeln verschwunden. Xandrial hob den Kopf und bemerkte, dass der Schneefall endlich nachgelassen hatte. Lächelnd machte sie sich auf den Rückweg zum Hof.

    Du siehst Dinge und fragst: „Warum?” Doch ich träume von Dingen, die es nie gegeben hat und sage „Warum nicht?” (Bernhard Shaw)