Willkommen zum Tagebuch meines Chars Isimud Urkhart!
Leider habe ich erst mit dem Aufschreiben begonnen, als ich schon eine Weile in Simkea lebte und mir einen Beruf gesucht hatte, allerdings noch immer viel zu lernen hatte. Weiter hinten im Thread erinnert sich Isi an seine Anfänge - aber jetzt gehts erstmal mitten rein ins Leben eines jungen Bergknappen und Teilzeitkämpfers. Viel Spaß!
Kurzprofil:
Isimud wird den meisten Bürgern Trents nur als ein etwas naiver und unbeholfener, aber stets höflicher Jüngling erscheinen. Allenfalls werden sie über ihn zu sagen wissen, dass er ein begeisterter Kämpfer ist, sich in der Natur wohler als in der Stadt fühlt und einer etwas verwirrenden zweigeschlechtlichen Spezies angehört, die man selbst in Noröm selten zu Gesicht bekam.
Isimuds Familie, die Urkharts, gehörten zum niederen Adel, waren gerade einmal im Besitz einer Burg, einiger Zuckerrohrfelder und Rumpressen, aber so stolz, als gehöre ihnen das gesamte Königreich. Als das Böse Noröm überrante, versuchten sie zuerst zu fliehen. Da ihnen das nicht gelang, arrangierten sie sich mit den neuen Machthabern und wurden zu loyalen Dienern des Bösen. In diese Verhältnisse wuchsen Isimud und sein Zwilling Usumiya hinein. Sie luden Schuld auf sich, doch wusste MasterX, dass Isis Seele noch zu retten war, weshalb er ihn nach Simkea lenkte.
Isimud gelangte als verwöhntes Burgfräulein, das nicht einmal wusste, dass man einen Fisch vor dem Braten ausnimmt und abschuppt, nach Trent. Seine Zuwendung zum Kämpferleben geht auf eine Mischung aus Standesdünkel und Schuldbewusstsein zurück, seither hat er allerdings ein wenig Abstand gewinnen können.
Vom Kämpfen abgesehen fühlt er sich bei jeder Tätigkeit wohl, die grobmotorisches Draufhauen erfordert und genießt es, in Simkea nicht in eine vom sozialen Stand vorgezeichnete Rolle gepresst zu werden – ein Urkhart als einfacher Bergmann? Das wäre in Noröm selbst vor dem Einfall der Horden des Bösen undenkbar gewesen!
Kapitel 1
In den ehrwürdigen Monumenthallten, im Hauptquartier der Trenter Miliz, schlug Isimud Urkhart seine Augen auf (oder ihre, das war schwer zu sagen). Nicht, dass es etwas genützt hätte... Der Schleier, durch den der Jüngling die Welt sah, lies lediglich die Unterscheidung in Farben und gröbste Formen zu und selbst die verschwammen nach einer Weile miteinander. In dem vergeblichen Versuch, mit dem Durcheinander aufzuräumen, produzierte Isimuds Kopf das einzig Angemessene: Schmerz.
"Leg dich wieder hin und mach die Augen zu", sagte der Kopf.
"Urgh...!" machte Isimud.
Camulos von Noröm sagte nichts. Der Kriegerveteran deutete nur mit dem Kopf an, wo ein Eimer stand, in dem sich das Sekunden später das "Urgh" wiederfand.
"Du siehst nur aus wie einer, aber du bist kein Mensch", rügte der Krieger seinen jungen Schützling nach dem Brechanfall. "Also sei in Zukunft bitte vorsichtiger mit menschlichen Genussmitteln! Ganz besonders mit solchen, die wir Menschen selbst nicht im Griff haben."
Doch der Mann wusste, noch während die Worte seinen Mund verließen, er hätte sich die Mühe sparen und stattdessen ein Frühlingslied singen können. Offenbar gehörte zum gesunden Aufwachsen eines Jugendlichen jeden Volkes mindestens ein ungesunder ein Vollrausch dazu.
"Ich bin der Einzige meiner Art in Simkea", wisperte Isimud, als ihm seine Kehle wieder gehorchte. Der Neunzehnjährige gehörte einem Volk zwiegeschlechtlicher Eierleger an, dessen Anblick selbst in Noröm selten gewesen war. Anthronen fühlten sich von den auf Geschlecht beruhenden Differenzen der Menschen irritiert, sowohl von Vorurteilen und Unterdrückung, als auch von harmlosen, spaßigen Frotzeleien zwischen Mann und Frau. Gewissermaßen zum Ausgleich dafür litten sie unter Stress ganz anderer Art: Jeder einzelne Artgenosse stellte einen potentiellen Gefährten als auch Nebenbuhler dar. Das waren die Gedanken, die einen normalen Heranwachsenden beschäftigen sollten, dachte Camulos bei sich. Isimuds Hintergrund als Kriegsflüchtling und noch dazu einziger seiner Art erlaubte ihm allerdings nicht, dieses normale Leben zu führen. An manchen Tagen konnte man zu dem Eindruck gelangen, der Bursche sperre sich ganz einfach selbst dagegen...
So wie heute.
"Mein Volk ist gespalten", fuhr Isimud leise fort. "Die einen dienen dem Bösen als Schergen, die anderen leisten Widerstand, solange sie noch Herren ihrer Sinne sind. Nur ich, ich bin weggelaufen."
Camulos schüttelte den Kopf. "Du wurdest gerettet", korrigierte er. "Das ist ein Unterschied."
"Gerettet wofür?!" fuhr Isimud auf. Rasch hielt er die Hand vor den Mund, nicht vor Schreck über seinen unangemessenen Tonfall gegenüber dem Vorgesetzten, sondern, um einen erneuten Übelkeitsanfall abzuwehren.
"Damit ich mir ein schönes Leben mache?" klagte der Jüngling weiter, zuerst noch durch die Finger gedämpft, dann heftiger. "Während sich die Anthronen zuhause gegenseitig blutig abschlachten, bis ich womöglich der Letzte bin?"
Der Kriegerveteran hatte dem Jungen keinen Trost anzubieten. Allein der Versuch hätte hohl und lächerlich geklungen, war die von Isimud heraufbeschworene Gefahr ja nicht von der Hand zu weisen. Möglicherweise befand sich der Anthron wirklich nur als letzte Erinnerung an sein Volk in Simkea und eines Tages würde lediglich eine Grabinschrift an die einstige die Vielfalt Welt Noröm erinnern. Doch dieses Schicksal teilte der Jüngling Isimud mit vielen anderen Kreaturen Simkeas. Sie alle versuchten, diesen Fakt im Alltag so gut es ging zu verdrängen. Was für ein Dank an Master X wäre es denn, sich tagtäglich die Lebensfreude durch Schuldgefühle zerstören zu lassen? Es wäre kein besseres Leben als das unter der Knute des Bösen und nichts wäre gewonnen gewesen.
Also äußerste sich Camulos ersteinmal nicht weiter zu dem Thema. Stattdessen holte er einen dünnen Briefumschlag aus seinem Schreibtisch hervor. Er überreichte ihn Isimud mit den Worten: "Vielleicht ist das hier ja die Antwort auf dein Dilemma."
Isimud erkannte seinen Vor- und den Nachnamen, den kaum jemand in Trent kannte, auf dem Umschlag. Als er ihn öffnete, fiel ihm eine kleine Anstecknadel in die Hände. Er nahm sie zwischen zwei Finger und im Nu hellte sich sein Gesicht auf.
"Das ist ein Weihnachtspin! Bei meinen Ahnen, Camulos, der kommt von Master X persönlich!"
Dabei mochte es sich um eine besondere Ehre handeln, die den an der Vertreibung des Grinch beteiligten Bürgern zuteil wurde, doch eine größere Ehre war es für den Kriegerveteranen, den Pin seinem Schüler eigenhändig anzustecken.
Camulos zählte im Stillen bis zwölf. Erfahrungsgemäß setzten spätestens zwölf Sekunden nach einem schönen Erlebnis die Selbstzweifel des Jungen wieder ein - und mit ihnen das Genörgel.
"Hm", machte Isimud. "Wisst Ihr, Camulos, manche Bürger Trents verachten uns Kämpfer dafür, dass wir die Waffen aufgenommen haben... Aber ich mache das doch nicht aus Spaß an Gewalt, sondern, damit die anderen ihr Leben in Frieden fortführen können! Wenn Kämpfen befleckt, dann nehme ich das auf mich, damit sie´s nicht müssen."
Camulos Blick ruhte prüfend auf dem Milizmann.
"Ist das wahr? Tust es wirklich für die anderen?"
Ismud hatte den Fehler begangen, seinen Lehrer anzusehen, als dieser ihn ansprach. Nach wenigen Sekunden gelang es ihm nicht mehr, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten.
"Nein...", murmelte er.
"Eben", nickte der Krieger. "Du ziehst keine Befriedigung aus deiner selbstgewählten Aufgabe, Isimud, sondern Stolz. Fühlst dich überlegen."
Camulos legte eine Pause ein.
"Und deswegen", erklärte er dann, "bist du bis auf Weiteres beurlaubt!"
"Nein!!!"
Isimuds Protestschrei hallte von den Wänden der Monumenthalle wieder.
Camulos lauschte darauf, zu wie vielen Teilen Verzweiflung und zu wie vielen Trotz darin lag. Denn es gab, wie er wusste, härtere Kämpfe als die mit Schwert oder Bogen gegen Monster. Erwachsen zu werden gehörte zu jenen Questen und so sehr man es sich als ein Veteran dieser "Schlacht" wünschte, am Ende vermochte die nur jeder neue "Rekrut" allein zu bestreiten.
(Wird fortgesetzt)